MAK

Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 11)

Hemz Schöny 
MOPP - Ein Wiener Porträtist 
von Rang: Max Oppenheimer 
(Wien 1885 - 1959 New York) 
WienlBerlinlNew York 
Bis 1938 besaß Wien einen Portratisten von Rang. der 
viele Zeitgenossen 7 Wiener, Österreicher. Europaer 
7 mit kultiviertem Pinsel und Stift verewigt hatte, 
zugleich einen Maler von Geigen, der seinesgleichen 
suchte War es denn so verwunderlich, daß aut Wiener 
Boden, auf dem die Liebe zur Musik immer wieder sich 
beweist. inmitten einer zum Geigenklang verwandelten 
Natur, dabei der ganzen Welt aufgeschlossen und ihre 
Stromungen aufnehmend, einmal ein Maler geboren 
wurde. dem die Geige als Instrument auch zu einem 
Gestallungsproblem seines Künstlerdaseins werden 
sollte? 
Am 1. Juli 1985 nun würde Max Oppenheimer. der als 
Maler. auch als Schreiber einer treltsicheren Feder, 
unter der abkurzenden Zusammenziehung seines 
Namens aul Mopp bekannt war, hundert Jahre alt. Das 
Bewegte seines Lebensganges war selten durch den 
Druck widriger äußerer Verhältnisse bestimmt. wie es 
aul den ersten Blick zu sein scheint, sondern hat seine 
tiefere Ursache eher im Beweglich-Uniuhigen.Ahasve- 
TISCHEOSSIFIGSWGSGFIS,SOWIGETHIETTIEIISSIUTTTDTGBIWITP 
doste, sondern wach und kritisch das Leben um sich 
musterte, die künstlerischen Strömungen und Indivi- 
dualitaten beurteilte, so ging auch sein Leben bis zum 
Ende fern seiner Heimat, wenn man als diese nicht die 
ganze Welt einschrankungslos betrachten will, immer 
vorwärts. Das bewiesen noch Briete aus den Vereinig- 
ten Staaten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 
die Pläne, Sammeleifer und Forschungen nach ver- 
schollenen Werken, Arbeit an neuen bekundeten. kurz 
gesagt Aktivitaten, dies bewies auch sein relativ um- 
fangreicher künstlerischer Nachlaß. wovon freilich nur 
ein kleiner Teil nach Europa zurückgelangte 
In Wien geboren, als Sohn eines Ftedakteurs der Neuen 
Freien Presse, wurde der Frühbegabte mit Iuntzehn 
Jahren in die Akademie aufgenommen, verließ sie aber 
nach drei Jahren. weil ihn Akademismus und Nichtach- 
lung (auch Gleichstrebender) abstießen und ver- 
tauschte Wien mit der Akademie in Prag, der Heimat- 
sladt seiner Mutter, wo der Landschalter Franz Thiele. 
gerade erst aus Wien gekommen, furweiteredrei Jahre 
ein anregender Lehrerwurde. Dann, nach einer kurzen, 
aber guten Zeit in Wien, woer 1 907 Heinrich Mann, Karl 
Kraus und seinen Freund Egon Schiele, 1908 Stefan 
Zweig und Anton Webern porträtierte, er sich auch rnlt 
Kokoschkabetreundete(mitdem eraufeinem kuriosen 
Foto zusammen mit dem Schauspieler Leo Reinhart 
verewigt ist), schlossen sich bis 1911 Studienreisen an: 
durch Frankreich, das ihm eingehende Kenntnis über 
altes Mobiliar einbrachte, durch Holland. wo er die 
Landschalt der van Goghschen Bilder aufnahm, durch 
Italien.von woereineechteAmatimitbrachtedieerbis 
zu seinem Tod nicht mehr aus seiner Nähe ließ. Ein Aut- 
satz in der Zeitschrift "Der Erdgeistii, bereits 1908, 
machte die Öltentlichkeit mit Landschaften, zumeist 
Garteninterieurs. und Portrats von Mopp aus den Jah- 
ren 1904 bis 1907 bekannt. In diesen. heute meist ver- 
schollenen Gemälden zeigt sich wohl ein Eintluß van 
Goghs im zupackenden Strich des Pinsels, in Licht und 
Farbe, doch auch schondas Hinüberschwenken in jene 
lrühe, aus einer Spalstute des Impressionismus ent- 
wickelte Wiener Abart des beginnenden Expressionis- 
mus, ähnlich wie man es später an den gleichzeitig 
entstandenen Ölbildern von Richard Gerstl erkennen 
konnte und wie es. in den Porträts, bei den frühen Wer- 
ken Kokoschkas deutlich ist, der Anregungen Mopps 
aufnahm. während dieser selbst im Portrat einen 
graphisch-realistischen Weg wählte. Das waren die 
Jahre unmittelbar vor dem Auftreten der iiKunstschau-i 
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Voltaire. 
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von 1908, jene fruchtbaren Jahre der iiSecession der_ 
Secessionii, jene geschlossene Generation der in der 
Mitte der achtziger Jahre Geborenen, die so viele neue 
Krafte wachiief, zu der jedoch merkwürdigerweise 
AußenseiterwieMoppoderGerstldamalsnichtstießen, 
Das expressive Portrat Schieles von Mopp. 1907 ge- 
malt,hatsichin unsereZeitgerettet,baldnachhermalte 
Mopp seinen vaterlichen Freund Heinrich Mann zurn 
ersten Mal (IünI Fassungen wurden es insgesamt); 
beide Bildnisse befinden sich heute im Historischen 
Museum der Stadt Wien Aus jener Zeit rührt auch 
Mopps kompositionell ungewöhnliches Poitrat des 
Komponisten Anton Webern her, 
Aber Mopp trieb es nach Berlin, dessen Weltstadt- 
atmosphare seiner Aktivitat und Unruhe mehr zusagte. 
Noch vor Seinem Weggang hatte er in Wien eine ganze 
kulturell tuhrende Gruppe. die ihren außerlichen Mittel- 
punkt imCateCentral nattedurchportratiert-Altenberg 
wie Loos, Schnitzler und Schonberg. den Kunstsamm- 
lerDr Fieichelundden KunstschrittstellerArthurRoßler 
nebst anderen Eine Kollektive in München (1911), 
Mopps erste, begleitete sein Eintreffen in Berlin. eine 
Autobiographie in derZeitschrift Bildende Kunstler. mit 
tßAbbildungen, hatte ihn von Wien verabschiedet. Dar- 
unter hatten sich ein iiBlumenbeetii, eine iiSchneeland- 
schattri, ein Akt. ein Obststilleben, eine iiMutter mit 
Kindii sowie jene Kreuzabnahme betunden, in welcher 
zueinemSelbstbildnisPortratsvonseinen Freunden als 
Trauernde hineinverwoben sind, friesartig wie schwe- 
bend komponiert. KrausAltenberg, Loos,Tilla Durieux, 
Heinrich Mann. Mopps Bruder Fritz (als Schrittsteller 
spater unter dem Pseudonym Friedrich Heydenau be- 
kanntgewoiden) - ein erstes Beispiel einer Gruppen- 
kornposition aul engstem Raum, in eigenwilliger Anord- 
nung. expressiv über- und ineinandergeschachtett. wie 
spater beim iiOrchesterii. bei den Quartettbildern, bei 
der "Jazzband" 
In Berlin gabes neue Thematik Zu originellen Stilleben- 
motiven aus dem iiTaglichen Lebenii (Teekanne, Eier 
und Tomaten. Schreibtisch; Zeitungen) traten als Iigu- 
rale Kompositionen 1912 eine Pieta (Koln, WalIraIt- 
Richartz-Museum), die iiOperationii, die iiGeißelungii 
und - neben dem Porträt Tilla Durieux' und der ersten 
Suite von Radierungen, der des iiLe Grandii nach Heine 
- 1914 dieerste DarstellungvonGelgen. im Heß-Quar- 
tett, Mopp fand die künstlerische Gestaltung für den 
Geigenkorper und für dessen Komposition im Zusam- 
menspiel mehrerer Geigen, er vermochte das geheim- 
nisvolle Leben dieses Instrumentes im Bild zu offenba- 
ren Gemälde und Graphiken, diedieses Instrument lur 
sich oderzum DuooderQuartettvereint zeigen, nur mit 
Handen und Armen der sie Spielenden. scheinen vor 
explosivem Leben zu vibrieren, daß man die göttlichen 
Klange eines Mozart oder auch die zukunitweisenden 
eines Schonberg zu horen vermeint. Immer wieder 
gewann Mopp im Laule seines Lebens dem Thema 
Geige neue bildnerische Seiten und kompbsitionelle 
Lösungen ab, einmalige Manifestationen einer glückli- 
chen Vereinigung graphischen Könnens und maleri- 
schen Ausdrucks, wurzelnd in des Kunstlers eminent 
musikalischem Einlühlungsvermogen 
Nach dem Erstling des Heß-Quartettes folgte das 
KlingIer-Quartettvon1916,meistbloßiiStreichquartettii 
genannt (Österreichische Galerie, Wien) - als derart 
typischlürdiesesThemagaltundgiltes-,dannimglei- 
chen Jahr "Noten und Geigeii zum Stilleben gelormt, 
zwei Jahre später das Motiv zweier übereinander 
gekreuzter Geigen (iiDie Guarnerius del Gesuii), 1919 
das iiTrioii (Geiger, Cellist, Pianist, nur Hande sichtbar)
	        
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