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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 2)

Abb. 1. Der Verduncr Altar im Stift Klostcrneuburg bei Wien. Ursprünglich als Kanzelverklcidung vom Meister Nikuiuu; von Vardu 
jahre H81 voll-endet, wurde dieses Kunstwerk im Jahre 1331 zu einem Flügelaltar umgebaut. 
DER 
VERDUNER 
ALTAR 
Von FL( 
IRI 
JUS RÖH 
Wir sind heute gewohnt, große Kunstwerke in Museen zu su- 
chen und zu besichtigen. Fast empfinden wir es als entwürdigend, 
einen hervorragenden Kunstgegenstand in der Verwendung zu 
sehen, für die er geschaffen wurde, und man findet es lästig, 
dadurch in seinem Genuß gestört zu werden. Und man sollte 
doch dafür dankbar sein, daß diese Dinge noch nicht zur Kon- 
serve geworden sind, daß sie in ihrer ursprünglichen Verwendung 
lebendig bleiben konnten, daß ihre unmittelbare Wirkung cr- 
halten geblieben ist. Dafür kann man leichten Herzens einige 
Unbequemlichkeiten in der Besichtigung eintauschen. Dies gilt 
vor allem für Werke der kirchlichen Kunst. So auch für eines 
der bedeutendsten Kunstdenkmäler Österreichs, den sogenannten 
„Verduner Altar" im Stift Klosterneuburg. Als Grabaltar an der 
Begräbnisstätte des hl. Markgrafen und Landespatrons Leo- 
pold III. ist er nicht nur ein Gegenstand der Kunstbetrachtung, 
sondern in erster Linie auch Mittel des Kultes und der Andacht. 
Die Bezeichnung „Verduner Altar" wurde im vorigen jahrhun- 
dert geprägt und beibehalten. Eigentlich ist der Name unzu- 
treffend, denn Verdun ist zwar der Geburtsort des Künst 
das Werk hat aber sonst keine Beziehung zu dieser Stadt. Ü 
dies war es ursprünglich kein Altar. Propst Wernher von Klos 
neuburg (1168-1194) gab ihn bei dem berühmten Goldschr 
und Emailleur Nikolaus von Verdun als Kanzelverkleidun; 
Auftrag. Nach Angabe der Widmungsinschrift vollendete Me 
Nikolaus scin Werk im Jahre 1181, sicherlich an Ort und St 
und schmückte damit die Brüstung der Kanzel, die wie ein 
dachin den Kreuzaltar der Stiftskirche bekrönte. An dieser S 
blieben die Emailtafeln bis zum 13. September 1330, al 
Klosterneuburg eine Feuersbrunst ausbrach und das Stift 
völlig in Asche sank. Mit knapper Not konnte das Tafelv 
dadurch aus den Flammen gerettet werden, daß man es 
Wein übergoß. Als Propst Stephan von Sierndorf (1317-1 
das Stift wiederherstellte, ließ er die Emailtaleln des Niko 
von Verdun zu einem Flügelaltar umbauen, wobei sechs r 
Tafeln hinzugefügt wurden. Damals kamen auch die vier T 
peragemälde in giottesker Manier auf die Rückseiten der Al
	        
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