sonst nirgends an Geschützen der gleichen Zeit vor, wie gerade das Zeug-
buch Karls V. belegt. "' Man bediente sich vielmehr noch vielfach gotisch-
architektonischer Zierformen, wie Friesen mit Maßwerk oder Dreiblattbogen,
Blatt- oder Lilienreihungen, und in etwas vorgeschrittener Zeit ausge-
sprochener Renaissancemotive, wie Akanthusranken mit Delphinen, mensch-
licher Halbfiguren etc. Sollte es da nun ein bloßer Zufall sein, daß das
Wolken- und Flammenmotiv genau in der gleichen Form an dem Brunnen
in St. Wolfgang auftritt, nämlich an der Untersicht der Schale, wo es, radial
angeordnet, wie eine große Sonne wirkt (Abb. 14). Eine gewisse Verwandt-
schaft scheint mir ferner noch zu bestehen zwischen den Umrahmungen der
Wappen der Säule des Brunnens in St. Wolfgang und der Ornamentierung
der Henkel an dem „Löwen". Diese erscheinen mit den von Laubkelchen
umsäumten Kugelfrüchten als vollplastische Übersetzungen jener Rahmen.
Auch die Maskarons der Brunnenrohre am Brunnen kehren, soweit die
Zeichnungen einen Vergleich zugestehen, in ganz verwandter Weise an den
Fratzen der Geschützbodenstücke wieder.
Dürfen wir nun auch den letztgenannten Vergleichsmomenten mit
Rücksicht auf das häufige Vorkommen verwandter Motive um diese Zeit
weniger Bedeutung beimessen, so bleibt doch hinsichtlich des Wolken- und
Strahlenmotivs der enge stilistische Zusammenhang zwischen den Ge-
schützen und dem Brunnen bestehen, der noch durch die Signierung dieser
Werke verbürgt ist. Es ist keineswegs unwahrscheinlich, im Gegenteil sogar
sicher anzunehmen, daß unter den 131 Geschützen, die Karl V. „Von Chur-
fürst Johanns Friderico von Saxen und aus Gotha" laut dem Titel der
Gothaer Handschrift an sich nahm, noch manches Stück von der Hand Peter
Mülichs war. Sichere Anhaltspunkte, vor allem weitere Meisterinschriften
fehlen jedoch. Immerhin wäre ich geneigt, nach der allgemeinen Anordnung
der Dekoration noch bei drei oder vier Stücken auf Peter Mülich zu schließen,
so bei Fol. 13 a, wo die Inschrift: ,.Ich pyen der wylde drack genannt 1526"
in der Schreibweise und Verteilung ganz jener des „Basilisken" entspricht.
Ferner bei einem ungetauften und undatierten Geschütz (F01. 10a), das als
l-Iauptzier einen Löwen zeigt, der, nach der Erzählung des Physiologus,
durch Anbrüllen seine totgeborenen Jungen zum Leben erweckt, und bei
F01. 11 b und 16b, beide Geschütze von 1534 darstellend. Vielleicht dürfen
wir auch bei einem nur mit profilierten Reifen dekorierten Stück (F01. g a)
von 1531 die nebenstehende Marke den pro Zentner ausbezahlt
auf Peter Mülich deuten. Nicht abge- K wurde. l"
bildet finden wir in dem Zeugbuch Kehren wir nun wieder
den„ClausNarr",eine großeBüchse, zu dem Brunnen zurück!
die der Meister zu Torgau goß und 5 I Durch die zwiefältige Künst-
für die ihm der Gießerlohn mit 3 Gul- lerbezeichnung wird man ge-
i" Eine entfernte Ähnlichkeit weist nur eme große Feldschlange „Draclw von 1514 im historischen
Museum in Basel auf. S. Zeitschrift für historische Waffenkunde, Band VI, Seite 5x.
"' Bergau a. a. 0. in der „Wartbun-g", Seite m.