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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 12)

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noch andere Werke von ihm festzustellen. Für das Jugendwerk eines 
bisher wenig bekannten und ungenügend gewürdigten Meisters, dessen 
Bedeutung wir aber nach der außerordentlichen Anerkennung seiner lang- 
jährigen Dienste durch die sächsischen Fürsten unbedingt annehmen müssen, 
erschien eine genauere Betrachtung des reizenden Brunnens in St. Wolf- 
gang um so gerechtfertigter, als das liebenswürdige Werk trotz seines fast 
vierhundertjährigen Bestandes dank der Güte seines Materials und dessen 
glänzender Verarbeitung nicht den geringsten Schaden aufweist. Abt Wolf- 
gang Häberl von Mondsee, der Stifter des Brunnens, mochte wohl selbst 
das gemeinsame Werk Lienhart Rännachers und Peter Mülichs in seinem 
künstlerischen Werte erkannt haben, denn ihm zum Schutz errichtete er 
darüber einen zierlichen Tempel (Abb. 21). Der Bau erhebt sich auf 
quadratischem Grundriß. Vier schlanke Säulen tragen auf weit ausladenden 
Kämpfern von einfachem Profil Korbbogen, von denen aus mit Hilfe von 
Pendentifs sich eine flache Kuppel wölbt. Außen ladet über die Flächen 
der Bogen ein kräftiges Gesims aus, von dem aus dann das gemütliche 
Schindeldach in anmutigen Wellenlinien emporstrebt. Die Säulen, die auf 
sechseckigen Postamenten ruhen, haben schlichte attische Basen, leicht- 
geschwellte Schäfte und einfache Kapitäle mit einer Hohlkehle zwischen 
zwei Wülsten, wie sie schon der Spätgotik in den Salzburger Landen 
geläufig sind. Zwei einander gegenüberstehende Säulen tragen an den 
Kapitälen kleine Schildchen, das eine mit dem verschlungenen Monogramm 
des Stifters A und W - Abt Wolfgang -- das andere mit der jahr- 
zahl 1518. 
Durch diese Datierung gewinnt der Bau bei aller seiner Einfachheit 
noch besonderes Interesse für die Geschichte der Frührenaissance in Öster- 
reich, denn er zählt, was bisher allgemein übersehen wurde, zu den frühesten 
Äußerungen des neuen Stils, ja er wird, wenn wir von dem Wladislawsaal 
in Prag, dessen Fenster- und Portaldekoration keineswegs für das Jahr 1493 
verbürgt ist, absehen, als das älteste Bauwerk Österreichs angesehen werden 
dürfen, an dem sich trotz mancher Anklänge an die verfiossene Epoche 
doch schon der neue Geist in schlichter Klarheit ausspricht. Nicht wie 
meist bei den österreichischen Bauten der Frührenaissance haben wir bei 
dem Brunnentempel mit dem Werk eines italienischen Baukünstlers zu 
rechnen - dagegen spricht vor allem die Form der Säulen - sondern mit 
der Schöpfung eines deutschen Meisters. 
Abt Wolfgang starb, wie uns sein Bildnisgrabstein in der früheren 
Klosterkirche von Mondsee, das künstlerisch nicht sonderlich hervorragende 
Werk eines Salzburger Steinmetzen, meldet, im Jahre 1521. Sein Name aber 
wird wieder aufleben in der Kunstgeschichte mit den zwei liebenswürdigen 
Werken, die der kunstsinnige Stifter ins Leben gerufen hat, mit dem 
graziösen Erzbrünnlein und der nicht weniger anmutigen Brunnenhalle zu 
St. Wolfgang am Abersee.
	        
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