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DER ST. WOLFGANGSBRUNNEN ZU ST.
WOLFGANG IM SALZKAMMERGUT UND
SEINE MEISTER 50' VON PHILIPP MARIA
HALM-MUNCHEN Sh
NMITTELBAR vor dem Hauptportale der viel-
besuchten Wallfahrtskirche St. Wolfgang im
gleichnamigen Markte am idyllischen Abersee im
Salzkammergut erhebt sich, überwölbt von einem
malerischen Säulenbau, ein in Glockenerz ge-
gossener, außerordentlich reizvoller Brunnen. Sein
eleganter Aufbau, die Schönheit und das Ebenmaß
seiner Verhältnisse, die Durchbildung aller Einzel-
heiten und nicht zuletzt die technische Voll-
endung des Gusses reihen ihn den besten Arbeiten
seiner Art und seiner Entstehungszeit --- dem frühen XVI. Jahrhundert
ein (Abb. I).
Vielleicht hat das entzückende Brünnchen es der unmittelbaren Nähe
und der überwältigenden Pracht des Pacherschen Wunderwerkes zuzu-
schreiben, daß man seiner noch nicht mit der Liebe und Würdigung gedacht
hat, die ihm als einem unzweifelhaft hervorragenden und außerordentlich
fein ersonnenen Kunstwerke gebühren. Ein einziges Mal nur war es Gegen-
stand einer etwas eingehenderen Beschreibung, die später noch zweimal
ohne Skrupel und Kritik abgedruckt wurde." Da überdies bei genauerem
Zusehen die Bedeutung des Brunnens auch die Geschichte der Erz-
bildnerei nicht unwesentlich erweitert, erscheint eine eingehendere Würdi-
gung desselben sicherlich gerechtfertigt.
Betrachten wir zunächst die liebenswürdige Schöpfung. Auf einem im
Zehneck konstruierten Fuß erhebt sich eine Flache Schale, aus deren Mitte
ein achteckiger Pfeiler, bekrönt mit der Figur des heiligen Wolfgang,
herauswächst. Der Fuß baut sich in vier gekehlten Abstufungen auf, die in
spätgotischer Form mit an den Ecken sich durchschneidenden Stäben gegen-
einander absetzen (Abb. 2 und 3). An dem obersten fast Rachen Absatz
treiben phantastische Gestalten ihr Spiel: ein fischgeschwänztes Meerwesen
holt mit einem Baumstamme zum Schlage gegen eine langhaarige, bärtige
I-Ialbfigur aus, die ihrerseits mit einem Rundschild und einem mächtigen Kinn-
" Von älterer Literatur verdienen Erwähnung: Erhard, Kleine Beiträge zur älteren Geschichte der
Stadt Passau in den Verhandlungen des historischen Vereines für Niederbayern. Il. Band. z. Heft (r85i),
Seite 85. - Sighart, Geschichte der bildenden Künste in Bayern, 1863, Seite 552. 7 Latz, Kunsttopographie
Deutschlands ll. (1863). Seite 450. - Mitteilungen der k. k. Zentralkommission XIV. (m69). Seite LXX. Hier
findet sich von der Hand eines Anonymus . . . m . . . die erste und einzige ausführlichere Beschreibung des
Brunnens nebst geometrischen Rissen desselben. Der Aufsatz mit der gleichen AutorenchiHre wurde wörtlich