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schildern wie Alt. Sein alter schöner Schrank, der Vogelbauer und die Blumenfreude, welche
sein Heim schmücken, sprechen in gleichem Sinn. So innerlich gefestigt, selbstsicher und
zielbewullt wie das Werk war auch der seltene Mensch, der ein langes Leben lang so
unermüdlich und unerschöpflich zu wirken vermochte, stets seiner Zeit angehörend und
doch stets er selbst bleibend.
Eine ganz andere Persönlichkeitsart tritt uns in Karl Rahl entgegen. Ein Stürmer und
Dränger verflossener Tage. Eine Sezession verkörpernd, die so weit zurückliegt, daß
seitdem eine Reihe neuer Bewegungen über seine Errungenschaften hinwegschritt.
Rahl setzte dem engen wohltemperierten bürgerlichen Milieu der vormärzlichen
Malerei ein leidenschaftliches Verlangen nach Farbe und dekorativem Wurf entgegen. Die
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Lübeck, Diele eines Bürgerhauses (Sauermann)
dekorativen Künstler Oberitaliens, Veronese, Tintoretto und die Klassiker Roms studierte
er eingehend. Er trat in Wien zu einer Zeit hervor, in der die Baukunst neue große Auf-
gaben zu lösen hatte. Van der Nüll und Siccardsburg, mehr noch Theophil l-Iansen gaben
ihm Anlaß, sich im architektonischen Rahmen auszuleben. Er verstand es trefflich, in den
ihm gegebenen Raum großzügige Kompositionen einzufügen und breit und farbig im Sinne
der Alten seine reichen Figurengruppen hinzusetzen. Zeichnerisch waren Kaulbach und
Kornelius weit gewandter. Sein Element war die tiefe Farbe. Den Pinsel führte er mit
kräftiger Faust. Führich, Genelli sandten ihre Söhne und Schüler zu ihm, damit sie malen
lernten. Die Akademie duldete ihn nur ein halbes Jahr. Dann zog er sich grollend von der
angebotenen Professur zurück und gründete seine eigene Schule, die starken Zuspruch
fand. Später erst entschloß er sich, wieder öffentlich zu lehren.
Der stiernackige, hünenhafte Mann mit dem energischen Kopf schuf auch mit Vor-
liebe gewaltige Kampfszenen, mächtige Menschenleiber in kraftvoller Bewegung in tiefen