1903
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE
Heft 12
Deckenbeleuchtung im Wohnzimmer einer Villa. Architekten: Gebr. Rank in München.
decken. In den Rundbogen ist eine dorische Säulenhalle eingestellt mit
der Aeginetengruppe im Giebelfeld; die Archivolte wird mit einem farbigen
Mosaikbild, »Die Kunst als Herrscherin«, ausgefüllt. Den Triumphbogen
selbst krönt ein Dreiecksgiebel mit dem grossen Porträtmedaillon des
Prinzregenten von Bayern; darüber ein hoher, attikaartiger Aufbau. Leider
stört die etwas kleinlich ausgefallene Säulenhalle, die in dem mächtigen
Rahmen noch mehr zusammenschrumpft, und die allzu wuchtige Bekrö
nung des Ganzen etwas den recht sympathischen Gesamteindruck.
Einfacher gehalten ist der zweite Fassadenentwurf. Eine an
ägyptische Motive anklingende Säulenhalle wird von zwei Pylonen ein
geschlossen, auf denen Frauenge
stalten thronen. Daran schliessen
sich die fast schmucklosen Seiten
teile, die so niedrig gehalten sind,
dass sie den Blick auf die Glas
wände dahinter frei lassen. Ge
schickt verteilter bunter Flaggen
schmuck hebt den Effekt. Die übri
gen Entwürfe dieser Serie bringen
Skizzen von Innenräumen für die
Ausstellung, Nr. 2133 b eine hoch
gewölbte Kuppelhalle mit 4 Brun
nen — wuchtig, schwer und kalt;
Nr. 2133 d ein Vestibül unter Aus
nutzung der gegenwärtig bestehen
den Situation mit einer Statue der
Pallas auf hohem Postament, Was
serbecken und Säulenaufbau im
Hintergrund.
Leider zwar ohne Modell, aber
selbst in seiner etwas skizzenhaften
Ausführung eindrucksvoll und im
posant ist der Entwurf zur »Aus
gestaltung der neuen Pina
kothek in München«, den Lud
wig Stempel im Verein mit den
Gebrüdern Rank — München
ausgestellt hat. Um das jetzt etwas
kahle und langweilige Gebäude ist
hier ein stattlicher Arkadengang pro
jektiert, der erst eigentlich der Ga
lerie zu einem monumentalen Ein
druck verhelfen würde. Die Eingänge sind an der Längsseite gedacht;
der stattliche Portalbau wird bekrönt durch 2 überlebensgrosse männliche
Figuren, die 3 Rosse am Zügel führen. Ob man daran denkt, den treff
lichen Ent
wurf einmal
auszuführen,
weiss ich
nicht. Jam
merschade
wäre es um
ihn, müsste er
in einer Zei
chenmappe
vergilben.
Mit dem
Fassadenplan
von Ludwig
Lutz -Mün
chen für das
Tiroler
Gewerbe
museum in
Innsbruck
dagegenkann
ich mich nicht
eben befreun
den. Wie so
manchmal
werden auch
hier die For-
IIIII. 1.1.1. I LI. U !-h H..—
Evangelische Kirche für Zehlendorf.
>
Architekt: Otto Kuhlmann
in Charlottenburg.
Dienstgebäude des Vereins für die
bergbaulichen Interessen in Essen.
4. Detail.
Entwurf: Architekt Herrn. Jansen
in Berlin.
Ausgeführt von Zeyer & Drechsler daselbst.
wettbewerDsentwurr zur tiiy Molterhort-öocking-
Stiftung in Honnef (Gärtnerhaus).
Otto Schulz in Müncher
men der heimi
schen Spätgotik für
moderne Anforde
rungen an Licht
und Luft, an Be
quemlichkeit und
praktische Einrich
tung zurechtge
macht. Erker und
Giebelchen in
Menge, rote Fen
sterläden mit der
weissen österrei
chischen Bindeund
alle die liebevoll
aufgefrischten Er
innerungen an das
»Goldene Dachl«
stehen doch der
steifen Front mit
ihren symmetri
schen Fensterrei
hen in 4 Stock
werken und dem
modern empfunde
nen Erdgeschoss
herzlich schlecht
an. Und welch Kronleuchter von Steinicker & Lohr in München,
unausgeglichener
Kontrast gegen die beiden rechts und links anstossenden Mietskasernen!
In ähnlichen Formen wie das Innsbrucker Museum ist des gleichen Archi
tekten Villa in Ammerland am Starnberger See gehalten; mehr in
den Bahnen italienischer Renaissance geht seine Villa des Kommerzien
rats W. in München. Also in der Hauptsache retrospektive Kunst!
Auch Marggraff & Sohn
(München) schliessen sich bei ihrem
Entwurf zu einer Landkirche in L.
den Formen der Spätgotik im Ge
biet des bayrischen Backsteinbaus
an, allerdings überraschend geschickt
und unter bewusster Vermeidung der
oft so aufdringlich wirkenden Absicht,
aus der unbedeutendsten Dorfkirche
einen gotischen Dom en miniature
machen zu wollen.
Neues dagegen bringt August
Koch — Stuttgart fürdie kirchliche
Baukunst. Sein Projekt zur Vor
halle eines Domes hält sich zwar
im Detail noch etwas an romanische
Vorbilder, ist jedoch andererseits —
besonders im Zusammenstimmen des
ganzen Raumes — wieder ziemlich
selbständig. Beachtenswerter noch
ist die zweite Skizze, ein Altar
raum mit niederer, breiter Apsis;
über dem Scheitel des Triumphbogens
St. Georg in plastischer Ausführung,
zur Seite in Fresken die 12 Apostel.
Fein erfunden sind die kleinen Ar
kaden über den Figuren, durch die
das lichtgrüne Laub der aussen-
stehenden Bäume hereinlugt. Das
Langhaus ist mit wagrechter Balken
decke in grünlicher Färbung ausge
stattet; etwas misslungen ist nur die
Kanzel. Immerhin könnte mit beiden Entwürfen einmal der Versuch zur
Errichtung einer »modernen« Kirche gewagt werden!
Teilweise ins Gebiet der Architektur schlagen noch 2 Arbeiten, die
hier angereiht seien: die gemauerte Bismarckstatue in Saal 15, aus
geführt von Eduard Beyrer, München, die bei der Hamburger Denkmal
konkurrenz den 2. Preis erhalten hatte. Das Tektonische in der Gestalt
des Recken, der sich wie nicht leicht ein anderer zu einer derartig freien
Auffassung eignete, kommt gut zum Ausdruck. Monumental ist der
Entwurf zweifellos. Zierlich und elegant im Aufbau ist des verstorbenen
Syrius Eberle Brunnen für Lindau in Saal 38.
Alles in allem also nicht vieles, aber vielerlei, was dem Architekten
oder dem sich für die Fortschritte, Aufgaben und Ziele der Baukunst inter
essierenden Laien die heurige Glaspalast-Ausstellung zu bieten vermag —
immerhin genug, einen Besuch zu lohnen. Dr. Friedrich FI. Hofmann.
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