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rasierten Barte bemalt." Wenn ihn aber „unabweisbar das Gefühl bitterer
Verachtung gegen eine Zeit ergreift, die das konnte und zuließ", so wendet
sich seine Entrüstung an eine falsche Adresse. Denn nicht einer bestimmten
Stilepoche (er meint die Barocke), sind solche Verballhornungen zuzu-
schreiben, sondern jenem auch in der „Volkskunst" oft genug zutage
tretenden volkstümlichen Empfinden, dem die Drastik über alle Schönheit
geht. Sind doch auch gerade die berühmtesten Wallfahrtsbilder unserer
Alpenländer nichts weniger als schön zu nennen, lassen aber an drastischer
Deutlichkeit der Darstellung selten etwas zu wünschen übrig. „Denn bei den
Bauern muß alles in das Gewicht fallen", sagt einer ihrer feinsten Kenner. x
Abb. 15. Sockel der Petrusstatue
Der ungemein lebensvolle Ausdruck dieses Kopfes wird nicht in letzter
Linie mit durch die Bemalung der Augen (weiße Augäpfel, schwarze Pupillen}
bewirkt, die bei fast allen Figuren des Altars (auch an den Reliefs) wieder-
kehrt und sich meist mit der roten Färbung der Lippen und hie und
da eines Gewandsaumes vereinigt. Dies erinnert seltsam an die antike
Technik, speziell bei Bronzefiguren, wo ja bekanntlich auch vor allem Augen
und Lippen (durch Emaillierung und Versilberung) in ihrem farbigen Ein-
druck von der Umgebung scharf geschieden waren. Innerhalb des strengen
Stiles der Kefermarkter Figuren übt nun das fast unheimliche Leben dieser
Augen eine merkwürdige Wirkung aus, die in jedem, der Griechenland
bereist hat, unmittelbar die Erinnerung an verwandte Eindrücke vor
dem Wagenlenker in Delphi und dem Epheben von Antikythera wachrufen
muß. Wieder wird man gewahr, welcher mächtigen Wirkungen sich die
moderne Plastik begibt, die, in gedankenloser Weiterschleppung eines
Ä lmmermann, nOberhof" II, 3.