mittelalterlich deutsche Kunst hat die Schlichtheit und Ruhe ihrer Figuren
mit der altgriechischen gemein, aber auch das Geheimnis der Größe in
dieser Schlichtheit und Ruhe. Beide Völker waren jugendliche, in deren
warmer Seele die Gebilde blühten undvon da wie mit Unbewußtheit zur
Außenwelt gelangten. Wo das ideale Gefühl nicht in den Herzen ist und
sich in beredtem Stammeln erkennbar und zündend Luft macht, dort wird
die prachtvolle Redekunst und die Menge der Worte angewendet, und
sie ist Kälte und erzeugt Kälte."
Wie dem freundlichen Ernst der Wolfgangstatue jenes Allegro musi-
zierender Engel am Sockel beigesellt war, so wird hier das Pathos der
Petrusdarstellung durch ein übermütiges Scherzo balgender nackter Putten
gemildert, denen zwei Kameraden aufspielen (Abb. I 5). Die auf empor-
strebendem Blattwerk ruhenden sitzenden und kauernden Figürchen sind so
angeordnet, daß das aufspielende Pärchen je ein raufendes Pärchen zur Seite
hat. (Höhe des Sockels 28 Zentimeter.) Links erwehrt sich ein Putto mit
Händen und Füßen der Attacke seines Gefährten, und ähnlich ist die balgende
Gruppe zur Rechten komponiert. Von den Spielenden vorne bläst der eine
die (fehlende) Flöte, während der andere ein Becken schlägt, beide blicken
fröhlich, mit glänzenden Augen (die vorgewölbten Augäpfel fangen viel
Licht) auf den Beschauer heraus. Bei der Bildung dieser Kinderkörper hat
der italienische Renaissanceputto ersichtlich zu Pate gestanden, obwohl die
gotische Herbigkeit der Form noch lange nicht überwunden ist. Ob die
Raufszenen eine scherzende Anspielung auf den streitbaren Charakter des
Apostelfürsten enthalten sollen? Es wäre der Feierabendlaune des Meisters,
dem diese Spiele müßiger Stunden, diese Passatempi ebenso wie manche
übermütige Engelsfigur entsprossen sind, wohl zuzutrauen; an ihnen hat
sich der Künstler von dem Ernst der großen Werke ausgeruht.
Die Heiterkeit tanzender und musizierender Engel umspielt auch das
männliche Pathos des Apostelfürsten (Abb. 16 bis 19). Vergebens scheint ein
würdiger, untersetzter Alter in Vollbart und Turban (irgendein Patriarch
oder Prophet) dem ausgelassenen Übermut der Engeljugend Einhalt gebieten
zu wollen; weder sein Gegenüber, der Tänzer, kehrt sich daran, der den
Chorrock im Tanzschritt kokett aufhebt, so daß das ganze rechte Bein nackt
zum Vorschein kommt, noch der Posaunenbläser in geschlitztem rotgesäum-
ten Mantel, noch der lustig sich windende Flötenspieler, der den Spitzbuben
so wenig verleugnen kann wie der Posaunenbläser; beide haben die
charakteristische aufstrebende spitz zulaufende Nase. (Maße: 44 Zentimeter,
38-5 Zentimeter und 3g'5 Zentimeter; bemalt die Augen, Lippen, Kollare,
beim Posaunenbläser auch der Gewandsaum.)
Die Knabengestalten sind wieder virtuos geschnitten, ganz besonders
der Flötenspieler mit der hohen Wespentaille ; hier sind die großen Steilfalten
3 Zentimeter tief unterschnitten und enden in scharfe, papierdünne Stege.
Neben dem Kirchenpatron St. Wolfgang und dem Apostelfürsten Petrus
ist dem Namenspatron des Erbauers der Kirche, dem heiligen Christophorus,