die treuherzigen Augen blicken still vor sich hin, und
statt der energisch aufstrebenden kurzen Ringellocken
umhüllen den Schädel lange, flach anliegende wellige
Haare. In der Bewegung sind die beiden Gestalten
derart variiert, daß hier die herabhängende rechte
Hand den (ergänzten) Rost, die halb erhobene Linke
das Buch hält und das Haupt auf die andere Schulter
geneigt ist. Dadurch, daß das eine Ende des hier mit
breitem Pelzsaum verbrämten Diakonenmantels unter
dem rechten Unterarm durchgesteckt ist, entsteht
ein in weichen Falten gebrochenes Gewandmotiv,
das dem der Parallelligur eng verwandt ist. (Augäpfel
weiß, Pupillen schwarz laviert; Rücken ausgehöhlt;
in der Zeichnung der Lippen und des Umrisses der
Augäpfel reizvolle, der Natur abgelauschte Unregel-
mäßigkeiten.)
IV.
Die Altarflügel sind nicht beweglich, sondern
fest und ruhen auf eisernen Stangen auf, die in den
Wänden des Kirchenchors befestigt sind. Daher
blieben denn auch die Rückseiten der Flügel un-
verziert, während die Vorderseiten je zwei von
durchbrochenem Laubwerk umrahmte Relieftafeln
darstellen, deren Form die eines niedrigen, auf eine
Schmalseite aufgestellten Rechtecks ist. Trotzdem
die Flügel nie zum Verschließen des Schreines
bestimmt waren, sind sie so dimensioniert, daß sie
geschlossen den Bilderkasten genau verdecken
Abb 29 Engel (in d" linken würden. (Höhe der Reliefs ohne Rahmen 160 Zenti-
(am; Ecke-des schmines) meter, Breite r 37 Zentimeter.) Das obere Relief des
linken Flügels enthält eine Darstellung der Verkün-
digung, das korrespondierende des rechten Flügels zeigt die Geburt Christi;
es folgen links die Anbetung der Könige, rechts der Tod Mariens, so daß
also die vier Tafeln eine der üblichen Abbreviaturen des Marienlebens
enthalten (Abb. 37 bis 43).
Bei der Verkündigung blicken wir in ein hohes, hallenartiges Gemach,
dessen Gewölbe auf geschmückten Pfeilern aufruht. Zwischen den
vordersten dieser schlanken Säulchen hindurchsehend, erblicken wir die
heilige Jungfrau nach rechts gewendet vor dem Betpult kniend und soeben
im Lesen innehaltend; denn ihr Ohr wird von den (naiv symbolisch durch
das auf sie sich zuringelnde Spruchband dargestellten) Worten des Erz-
engels Gabriel getroffen, der, von einem schleppentragenden kleineren
Engel geleitet, von links oben zur Halle herabgekommen, durch den seit-
lichen offenen Bogen eingetreten ist und in demütiger Kniebeuge vor der