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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 1)

DER WOLFGANGSALTAR IN KEFERMARKT 
VON HERMANN UBELL-LINZ 50' 
der Bahnstrecke Linz-Budweis, anderthalb 
Stunden Fahrzeit von der oberösterreichischen 
Landeshauptstadt entfernt, liegt an einer aus dem 
Tale der Feld-Aist sanft ansteigenden Lehne der 
kleine, aus wenigen freundlichen weißen I-Iäusern 
mit blumenvollenVorgärten und einer spätgotischen 
Kirche bestehende Marktflecken Kefermarkt, unter- 
halb des Schlosses Weinberg, das mit seinen dicken 
Türmen den Ort beherrscht. Die Pfarrkirche am 
kleinen idyllischen Marktplatz mit dem Schulhaus 
und dem Haus des Krämers liegt in tiefer Einsamkeit da; und obwohl ihr 
Tor den ganzen Tag gastlich offen steht, so daß die Bienen, eine verirrte 
kreisende Schwalbe und der sommerliche Lindenduft ungehindert ein- 
dringen können, empfängt sie doch selten genug einen fremden Besucher 
in ihren kühlen Mauern, die eines der größten Kunstwerke bergen, welche 
das deutsche Volk im Laufe der Zeiten hervorgebracht hat. 
Wenn der über 13 Meter hohe spätgotische Flügelaltar aus Lindenholz, 
der die Breite und Höhe des Chores der Kirche von Kefermarkt vollkommen 
ausfüllt, bis heute noch nicht die kunstgeschichtliche Notorietät genießt, die 
ihm gebührt, so liegt dies vor allem daran, daß die Schätze der Kunst, die 
er umschließt, noch nie in zulänglichen Abbildungen einem weiteren Kreise 
dargeboten worden sind. Diesem Mangel soll hier abgeholfen werden; und 
es kann nicht fehlen, daß dieser Schnitzaltar damit sofort an jene Stelle vor- 
rücken wird, die ihm zukommt: unmittelbar neben die Hauptwerke der 
deutschen Bildnerei des ausgehenden XV. Jahrhunderts, im Range selbst 
dem Altar von St. Wolfgang nicht untergeordnet, dem „größten Kunstwerke, 
das auf dem Wege der deutschen Kunst des XV. Jahrhunderts bis hin zu 
Dürer entstanden ist". (F. Wolff.) 
Wenn sich Bode in seiner „Geschichte der deutschen Plastik" (Seite 200) 
über den Mangel an geeigneten Vorarbeiten zur Würdigung der spätgotischen 
Plastik in Österreich beklagt, so trifft dies eigentlich am allerwenigsten auf 
den Hochaltar von Kefermarkt zu. Denn für ihn hatte, nachdem schon 1843 
Pillwein "' nachdrücklich auf seine „prächtige Schnitzarbeit" aufmerksam 
gemacht hatte, kein Geringerer als Adalbert Stifter seine weithin vernehm- 
liche Stimme erhoben und ihn in einer Darstellung, die sowohl um ihres 
Stoffes als um ihres Verfassers willen denkwürdig bleibt, verherrlicht. "f Und 
wenn auch Stifter einer eigentlich kunstgeschichtlichen Schulung so sehr 
ermangelte, daß er die Kostümierung der Figuren des Altars in der Weise 
"' Milhlkreis, S. 431. 
"t „Über den geschnitzten Hochaltar in der Kirche zu Kefermarkt." Linz, Verlag des Museums Fran- 
cisco-Caroljnum, 1853 (I9 S.). Wieder abgedruckt in Adalbert Stifters sämtlichen Werken, Bd. XIV, S. 297 fß. 
Prag, Calve, 1901. 

	        
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