direkt als störend empfunden werden konnte, da sie manches feine plastische
Detail verdeckt hätte. „Ungefaßte Stücke", bemerkt Tönnies fein, mit Bezug
auf den Creglinger Altar, „gestatten dem Schnitzer, seiner lebendigen
Phantasie freien Lauf zu lassen; und wenn es seine technische Fähigkeit
erlaubt, so kann er die kühnsten Unterhöhlungen, Verschlingungen von
freigearbeiteten Schleiern, Locken und Ranken ohne Gefahr wagen. Ebenso
kann er mit Meißel und Messer die feinsten Details gleich im Holz anbringen,
Muster und Zierat auf Stoffen und an Geräten, die sonst zum Teil erst im
Kreidegrund angegeben werden. So behält die Arbeit den Charakter einer
durchaus aus des Schnitzers Hand entstandenen, zeigt luftigere, vollere
Faltengabe in den Gewandungen und lockere freiere Behandlung der
Haarpartien. Ebenso werden Köpfe und Hände bis in die feinsten Fältchen
und Adern mit äußerster Subtilität durchgeführt." "'
Zeigen schon die männlichen Kopftypen des Creglinger Marienaltars
die engste Verwandtschaft mit den Männerköpfen der Kefermarkter Altar-
reliefs (so ist zum Beispiel der Kopf des hinter dem knienden Johannes
stehenden, die Hände über der Brust kreuzenden Apostels nahezu identisch
mit jenem des die Myrrhe darreichenden Königs auf dem Kefermarkter Relief
mit der Anbetung der heiligen drei Könige), so ist die Verwandtschaft der
Kopftypen noch augenfälliger an dem urkundlich datierbaren, zwischen
1499 bis x 505 entstandenen Heiligen Blut-Altar in Rothenburg. Die Stilanalyse,
die Bode "f von ihm gibt, paßt Wort für Wort auch auf den Kefermarkter
Altar; ja sogar „die häßlichen platten Füße mit den geschlossenen, in einer
Linie schräg abgeschnittenen Zehen" finden sich auch hier. Nur die
Gewandung, die am Kefermarkter Altar großzügiger und ruhiger, amHeiligen
Blut-Altar knittriger und feinbrüchiger behandelt ist, zwingt uns, jenen etwas
später anzusetzen, etwa zwischen 1505 bis 1510.
Es fällt also der Altar in die reifste Zeit des Meisters, in die Zeit, da
auch sein größtes und schönstes Steinskulptuxwerk, das Grabmal für Kaiser
Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde im Dom zu Bamberg (zirka
149g bis 1516) entsteht.
Die fraglos eigenhändig gearbeiteten Statuen des heiligen Wolfgang,
des Apostels Petrus und des heiligen Christophorus sind vielleicht das Aus-
drucksvollste und Wuchtigste, was aus des Künstlers Händen hervor-
gegangen. Technisch stehen sie auf der Höhe seiner Kunst, und ihre geistige
Potenz übertrifft alles, was er sonst geschaffen hat. Der düster glühende
Kopf des Apostelfürsten läßt uns zum erstenmal ahnen, welche Feuerseele
der Mann in sich trug, der sich zehn jahre später gleich Florian Geyer und
Götz von Berlichingen auf die Seite der aufrührerischen Bauern schlug und in
offener Revolution sich gegen seine mächtigen geistlichen Brotgeber empörte.
Auch die Statuen St. Georgs und St. Florians sind sicher von seiner
Hand; alle fünf gehören in ihrer, bei allem ernsten und treuen Fleiß der
' Tönnies, a. a. 0. S. x43 ff.
i" A. a. O. S. x63 ff.