beginnenden XVII. Jahrhunderts. Zur Erläuterung des Gesagten diene hier die
Abbildung eines Creußener Kruges (Abb. 37). Das aufgelegte Medaillon mit der
Reliefligur der Abundantia stammt vonjohannes Vest. In noch höherem Maße
kommt diese Verwandtschaft bei einer im Kunstgewerbemuseum zu Dresden
befindlichen Kachel von der Hand unseres Künstlers zum Ausdruck (Abb. 44).
Man beachte die Vorliebe für das vorgesetzte Standbein, das übermäßig seit-
wärts gestellte, im Knie stark abgebogene Spielbein der Figuren, weiters die
Zehenstellung, die starken Unterarme und die auffallend kräftige rechte Hand,
hierzu die gute Anatomie des Rumpfes. Während uns das Mittelalter verhält-
nismäßig zahlreiche plastische Werke aus Ton überliefert hat - ich erinnere
an die drei Standiiguren und die sechs sitzenden Figuren der Apostel aus der
Zeit um 1400 im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg _ erscheint
die deutsche Renaissance auffallend arm an derartigen Schöpfungen. Dieselben
beschränken sich auf Pieta-Gruppen und auf Darstellungen der heiligen
Dreifaltigkeit mit dem Charakter handwerksmäßiger Arbeiten, welche zahl-
reiche Repliken als Handelsware kennzeichnen. Diese kleinerenTonplastiken
der Spätrenaissance begegnen uns als Krönungen der Bildstöcke oder als
Nischenliguren über dem Torbogen
der Häuser. Eine Reihe größerer Ton-
reliefs hat Professor Philipp Halm in
der Zeitschrift für christliche Kunst,
Jahrgang 1910, Seite 113 bis 124, aus-
führlich besprochen. Die Heimat dieser
Arbeiten ist Oberbayern, der Künstler
der MonogrammistM. K. Einzelne Ton-
iiguren der Landespatrone, darunter
in erster Linie der heilige Florian, sind
in den Alpenländern nicht selten. Un-
zweifelhafte Wiener Hafnerarbeiten
sind die glasierten Figuren des Hei-
lands und der zwölf Apostel von einem
Haus am Hafnersteig im Museum der
Stadt Wien. Wir kennen also bisher
nurTonplastiken religiösen Charakters
und so beansprucht die Venus Marina
des Grafen Palffy als ein Werk pro-
faner Bestimmung sowohl als auch
wegen ihrer hohen künstlerischen
Qualität einenbesonderen Rang. Diese
Figur ist somit, von den Schallaburger
Terrakotten abgesehen, ein Novum.
Über ihre vormalige Bestimmung sind
wir nicht im klaren; vermutlich ge-
hörte sie zu einem Wandbrunnen.
Abb. 37. Creußener Steinzeugkrug, mit bunten Email-
farben bemalt. die Figur der Abundantia nach einem
Modell des Johannes Vest