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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 2)

90 Zentimeter hohe kniende Maria von einer Kreuzigungsgruppe im Ger- 
manischen Museum zu Nürnberg. Diese Marienfigur steht zeitlich an erster 
Stelle, die liegende Mariavon St. Florian künstlerisch höher als die Ölberg- 
Hguren. Sind wir auch, wie vorhin erwähnt, hinsichtlich der engeren Heimat 
dieser Ölbergfiguren nur auf Vermutungen angewiesen, so verdient eine 
derselben schon deswegen hier geäußert zu werden, weil sich die Geschichte 
österreichischer Tonplastik jedenfalls noch mit einem der ältesten Tonlager 
an der Donau wird beschäftigen müssen. Dieses bis heute nicht erschöpfte 
Lager befindet sich am Tachertberg am linken Ufer der Donau oberhalb 
des Ortes Klein-Pöchlarn, das dem alten Pöchlarn am rechten Stromufer 
gegenüberliegt. Im XI. Jahrhundert hieß es Bechelaren, 1103 Pechlarn. 
Betrachtet man den Ausgang -arn als Dativ Plural von Namen auf -ari, 
so erklären wir uns Pechlarn als den Ort bei den Bechererzeugern, da die 
beiden Schreibweisen Bech und Pech, später auch Pöch für Becher vor- 
kommen. Wir hätten somit in Pöchlarn eine in das XI. jahrhundert zurück- 
reichende Stätte des Töpfereigewerbes, speziell der Herstellung von becher- 
artigen Trinkgefäßen. Im Jahre 1329 widmet Bischof Nikolaus von Regens- 
burg dem Frauenkloster in Ybbs eine Gülte von seiner Tachetgrube in 
Altenpechlarn. Aus der gleichen Zeit datiert eine Nachricht über das eigent- 
liche Hafnergewerbe: „Item sind daselbs Hafnaer gesezzen". Aber diese 
frühen Nachrichten über den wohl bedeutendsten an der Donau gelegenen 
keramischen Betrieb des Mittelalters könnten nicht ausreichen, Beziehungen 
zu unseren Tonfiguren herzustellen, wenn sich nicht das mächtigste Werk 
österreichischer Tonplastik der Renaissance in unmittelbarer Nähe befinden 
würde. Es sind die Terrakotten des großen Hofes in Schloß Schalla- 
burg bei Loosdorf"'. Sie wurden, wie das Material zeigt, aus Pöchlarner 
Ton gefertigt. Ein so ' gewaltiges Heranziehen des Töpfertones an Stelle 
des Steines, wie uns dies im I-Iof zu Schallaburg, der förmlich aus Terra- 
kotten aufgebaut erscheint, begegnet, ist 
gewiß nicht spontan erfolgt und hat jeden- 
falls seine Geschichte, seine bescheidenen 
Anfänge und seine Vorläufer, zu denen wir 
vielleicht die Ölbergfiguren zählen dürfen. 
 
 
 
 
" Ausführlich besprochen und in den I-Iaupneilen 
abgebildet in der „Österreichischen Kunsttopogrnphie", Bd. III, 
Dr. Tietze, Der Bezirk Melk. ' 
 
Abb. 10. Tonl-lgur, liegende Maria mit dem Kinde, um 1500, Stift St. Florian in Oberösterreich
	        
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