entgegensehen. Möge sich der Künstler jedoch nicht durch unerfüllbare
Forderungen des Bestellers zu Gedankenhypertrophie im Exlibris verleiten
lassen. Leider Endet man vielfach unter der jüngsten Graphikergeneration
das Bestreben, das Exlibris zu einem schwer auflöslichen allegorischen
Gemälde im Kleinen zu gestalten, mit verwirrender Fülle und weiter
Überschreitung der Forderungen eines zweckmäßigen Bücherzeichens.
Als ein bunter Garten mit köstlichen und seltenen Blumen erscheint die
Ausstellung. Doch hat sie nicht nur den Zweck, zu gefallen, sie soll auch
instruktiv und vorbildlich wirken. Möge sie beitragen, die schöne und
vornehme Exlibris-Sitte im künstlerischen Sinne auszubilden.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN Sie VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN S0
EZESSION. Eine Ausstellung der „jungen Künstlerschaft Österreichs" bringt uns
die Sezession. In den hellen freundlichen Räumen reihen sich mannigfaltige und
tüchtige Arbeiten, denen ernstes Streben gemeinsam ist, die eine zukunftsfrohe Stimmung
atmen und die ganz in der Gegenwart fußen. Es weht hier nicht jene rückständige ver-
staubte Luft, die von dem Parfüm gesellschaftlicher, mondäner Beschränktheit verdorben
ist, es weht auch nicht der scharfe, revolutionäre Windstoß der leidenschaftlichen
Oppositionslust; hier herrscht weder geschäftskluge Opportunität noch stürmische Neue-
rungslust vor, sondern ehrliche Arbeit. Man fühlt, daß die junge Künstlerschaft Österreichs,
die hier versammelt ist, modern empfindet, von der tüchtigen Arbeit, die in Frankreich, in
der Schweiz, im Norden Europas geleistet wurde, Kenntnis hat und auf dem eroberten
Terrain weiter baut. Wenn auch hie und da Cezanne, van Gogh, E. Munch noch als
starke Anreger durchzufühlen sind. oder wenn andere noch von Hodlers, Segantinis
starker Eigenart zu sehr abhängig blieben, so ist doch in den meisten Fällen zugleich
auch das Bemühen fühlbar, über diese Anregungen hinaus zu wachsen. Vor allem ist
aber fast stets die Absicht vorhanden, künstlerischen Problemen mit Ernst und Intensität
gerecht zu werden und nicht die: verkäufliche Bilder zu malen. In den meisten Fällen
ist auch die Achtung vor dem Handwerk der Malerei, die Freude an klarer, heller oder an
fein zusammengestimmter Farbe, an Durchbildung der reinen Darstellungskunst, an Ver-
tiefung des Ausdruckes zu fühlen; das rein Gegenständliche tritt zurück vor dem Persön-
lichen der Auffassung und Wiedergabe.
Die bizarre Note E. Schieles repräsentiert hier nach der einen oppositionellen
Richtung ein Extrem, wie die konventionellere Weise von Hans und Leo Frank, die sich
in die ältere Wiener Art eingefuhlt haben, nach der konservativen Seite. Die graphischen
Arbeiten dieser Künstler entschädigen in beiden Fällen, weil sie weit mehr befriedigen.
Das Porträt tritt in wohltuender Weise aus dem Schlendrian der Schönfärberei
heraus. So leistet L. Gottlieb starke Proben einer Charakterisierungskunst, während
L. Schuller in gefälligerer Art doch große Unmittelbarkeit erzielt; In Thönys und von
Radlers Art fühlt man Münchner Eintluß bei einer etwas trüben und schweren Palette,
während Helene Stein und E. A. Lamm die helle, lichtvolle, vereinfachte Farbengebung
des modernen Frankreich glücklich beherrschen.
In der Landschaft tritt J. Kellner mit dekorativem Sinn hervor, während I-Iarta
farbig interessant wirkt. Erfreulich ist die Beteiligung mehrerer Damen von starkem
Temperament, die ebenbürtig an die Seite der künstlerischen Männerwelt treten. So ver-
Fügen A. Scherb-Brabbee und Grete Wolf über Ausdrucksfähigkeit und Krah, während
Norbertine Roth geschmackvolle Zartheit betätigt, ohne süß zu werden.
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