tragen, während Beermann mit einem wuchtigen an die guten Arbeiten der Alt-Wiener
Zeiten erinnernden Speisezimmer aus Kirschholz den wärmsten und stärksten Eindruck
hervorruft.
Die Konzessionen an das Antiquitäten liebende Publikum fehlen nicht. Sie sind viel-
leicht ein notwendiges Übel vorn kaufmännischen Standpunkt. Es ist erfreulich, daß die
Anzahl guter, von neuschöpferischem Geist durchdrungener Arbeiten immerhin groß genug
ist, um deutlich hervorzutreten. So wird diese Schaustellung nicht bloß der Aufgabe gerecht,
eine vielseitige Auswahl zu bieten, auf manchen Arbeitsfeldern kann man auch von einer
zielbewußten Führung sprechen, die den unzweifelhaften und so wertvollen Errungen-
schaften der letzten Arbeitsjahre die notwendige Beachtung schenkt. J e mehr dies geschehen
wird, desto stärker wird auch die Wiener Eigenart auf dem Gebiete des Kunstgewerbes
hervortreten, dessen Fortschritte im künstlerischen Sinne so erheblich sind.
KLEINE NACHRICHTEN 50'
ERLIN. RELIQUIEN VON I8! 3. Im Märkischen Museum hat Professor
Pniower und der verdienstvolle junge Forscher Rudolf Martin August Pechel eine
hochinteressante Erinnerungsausstellung für die große Zeit vor hundert Jahren veranstaltet.
Man sieht in Vitrinen die eisernen Schmucksachen der eisernen Zeit. „Gold gab ich
für Eisen" steht auf den schmalen Reifen, die für die Dukateneheringe eingetauscht wurden.
Zierliche Filigranmuster zeigen Broschen in Blattform und Anhängekreuze. Ein Ring aus
Stahl hat eine Goldkartusche, darauf steht eingraviert Victoria zum Gedächtnis der
Schlacht bei Leipzig, ein anderer trägt im Relief Blüchers Bild. Aus Siegesdenkmünzen
sind Halskettchen gefügt und Plaketten tragen die Köpfe Blüchers, Napoleons, Körners,
Gneisenaus, Schills.
Besonders fesselt die Sammlung der Napoleon-Karikaturen. lnfernalische aus dem
l-laß geborene Grotesken. Immer wieder kehrt das Motiv der I-Iöllenfahrt. Als Antichrist
und böser Geist erscheint Napoleon. Beelzebub wiegt ihn auf den Knien und darunter steht in
blasphemiseher Anwendung das Wort: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohl-
gefallen habe." Auf einem römischen Streitwagen saust er in die Tiefe, und die Devise
dazu lautet: Der Himmel entriß mir die Welt, nun geht die Reise zur Hölle.
Auf- und Abstieg werden dargestellt vom „Korsenknaben" bis zum Kaiser und dann
das Finale, daß der Landwehrmann ihn mit einem Tritt hinausbefördert.
Auf einem Blatt stehen sich im Feld Blücher und Wellington gegenüber mit Raketts
Federball spielend, und der Ball in der Luft ist Bonaparte. Und auf einem andern kehren
ihn Engländer und Preußen mit dem Besen von der deutschen Landkarte. Dann sieht
man ihn auf Elba mit Bleisoldaten manövrieren und danach als losgebrochenes wildes
Untier ein Lamm zerlieischen. Auf einem Krebs reitet er, auf der Schädelstätte steht er
einsam und bleich, im Tintenfaß steckt er, und als gefangener Adler sitzt er im Käfig.
In den Schrecken des russischen Rückzugs wühlen einige Blätter und schildern mit
wollüstiger Grausamkeit, wie die verhungerten Reiter mit ihren Pallaschen das Fleisch
von den Pferdekadavern absäbeln. Und in der Luft Biegen die Raben mit dem Spruchzettel
im Schnabel: (Fa ira.
Am Brandenburger Tor lehnt eine Leiter, Napoleon steigt die Sprossen hinan und
trägt die geraubte Viktoria nach oben: „Übermut nahm sie, Tapferkeit bringt sie zurück."
Dann gibt es mannigfache Flugblätter voll kultureller Kuriositäten. Kosaken, Kalmücken
und Baschkiren kommen häufig darauf vor. Die wilden Kerle auf den kleinen Steppenpferden
wurden mit neugierigem Grusel als tierische Halbgeschöpfe, als Menschenfresser angesehen.
Ein Lager von ihnen am Pontonhaus Unter den Linden u. März 1813 ist dargestellt, die
Russen hocken da umlagert von der Berliner Straßenjugend. Der eine spannt seinen Bogen
und man denkt dabei an Goethe und Eckermann und die Szene mit dem Baschkirenbogen.