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DAS BRÜNNER PORZELLANZIMMER AUS
DUBSKYSCHEM BESITZE* bo VON JULIUS
LEISCHING-BRÜNN 5*
AS im Frühjahr 1902 zum erstenmal publizierte** Alt-
Wiener Porzellanzimmer im Dubskyschen Palais
in Brünn hat seinen Einzug in die wissenschaft
liche Literatur merkwürdig spät gehalten, trotz
dem Brünn immer als Vorstadt von Wien galt.
Die mannigfachen Rätsel, die seine Ent
stehung und Anlage und sein Aufstellungsort
bieten, haben dann auch in dem seither verflosse
nen Jahrzehnt leider von keiner Seite eine befrie
digende Lösung gefunden.***
Erst der Verkauf und die Abtragung der
Wandverkleidungen mit ihrem charakteristischen Porzellanbelag, als deren
Herstellungsort schon in jener ersten Veröffentlichung die Wiener Fabrik in
der Zeit um 1720 bis 1730 festgestellt wurde,f hat es ermöglicht, durch
genaue Untersuchung der Schnitzereien und Porzellane neues Licht in die
Geschichte dieses prächtigen Raumes zu bringen.
Die erste und wichtigste Aufgabe ist es, die bauliche Anlage zu prüfen,
da über das Alter und die Herkunft kein Zweifel mehr sein konnte.
Das im Herzen der Stadt befindliche Haus, in dem sich unser Raum
bisher befand, trägt die Nummer 3 der Rudolfsgasse, wo sich die Besitzer
des Baugrundes nach den städtischen Losungsbüchern bis zum Jahre 1477
zurückverfolgen lassen. 1560 tritt in der Reihe der Bewohner allerdings eine
Lücke ein. Offenbar ist der Besitz in die Hände eines Adeligen übergegangen,
war infolgedessen von städtischen Abgaben befreit und fehlt deshalb in den
städtischen Losungsbüchern bis zum Jahre 1614. Unter seinen nunmehrigen
Besitzern Sedlnitzky war das Haus so baufällig geworden, daß der Rat von
Brünn sich 1.651 veranlaßt sah, auf dessen Wiederherstellung zu dringen,
da es sonst von der Stadtverwaltung eingezogen würde. 1692 strebt
Wenzel Sedlnitzky die Erwerbung des Nachbarhauses aus Ullersdorfischem
* Das Alt-Wiener Porzellanzimmer aus dem Palais Dubsky in Brünn wurde im Herbste rgi2 für das
k. k. Österreichische Museum erworben. Daß das Zimmer Österreich nicht verloren ging, war in erster Linie
den vielfachen Bemühungen der Direktion des Brünner Erzherzog Rainer-Museums zu verdanken, die es sich
seit Jahren angelegen sein ließ, den Verkauf in das Ausland zu verhindern. Da der vom Besitzer geforderte
Kaufpreis die dem Brünner Museum zur Verfügung stehenden Mittel überstieg und dieses deshalb vom Ankauf
absehen mußte, hat dessen Direktion sich besondere Verdienste erworben, indem sie rechtzeitig die entspre
chenden Verhandlungen mit dem Österreichischen Museum einleitete und diesem dadurch ermöglichte, alle zur
Erwerbung des wertvollen Objektes nötigen Schritte zu unternehmen. Die Direktion des k. k. Österr. Museums.
** Julius Leisching, Das Porzellanzimmer im Graf Guido Dubskyschen Palaste zu Brünn. Druck von
W. Burkart, Brünn, 1902.
*** A. Prokop hat später (nach Chambrez) wohl auf die Czobor als ehemalige Besitzer des Porzellan
zimmers hingewiesen und ohne Quellenangabe mitgeteilt: „Dieses Kabinett soll die Piatische Familie aus der
Konkursmasse des Grafen Czobor für 30.000 Gulden erkauft haben.“ (Die Markgrafschaft Mähren in kunst
geschichtlicher Beziehung. 1904. Band IV, Seite 1205.)
•J A. a. O., Seite 15.
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