MAK

Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 5)

Bezüglich der Porzellanplättchen steht das Vor- 
handensein eines über den nächsten Bedarf hinaus- 
reichenden Vorrates außer Zweifel, was nament- 
lich der Porzellanschmuck der erst um 1780 ent- 
standenen Wanduhr beweist. 
Der Umstand, daß das Zimmer nicht nur im 
Laufe der Zeit in den Besitz verschiedener 
Familien überging, sondern auch seinen Standort 
wechselte, wobei einschneidende Veränderungen 
unvermeidlich waren, läßt der Vermutung freien 
Spielraum, chronologische und konstruktive Un- 
gereimtheiten mit diesen Tatsachen in Verbindung 
zu bringen. Entscheidende Aufklärungen können 
jedoch nur archivalische Funde geben, wie sie 
vielleicht der Zukunft vorbehalten sind. 
Wenn wir aber sowohl beim Porzellan wie 
bei den geschnitzten und vergoldeten Bestandteilen 
des Zimmers mehr oder minder auffällige stilisti- Abb-45-P""e"a"P1ä"Che"mm" 
sche Verschiedenheiten feststellen konnten, so  
stören sie doch keineswegs den Gesamteindruck, 
sondern wir haben vielmehr ein künstlerisch geschlossenes Ganzes von aus- 
gesuchter Pracht vor uns, das unser Entzücken um so mehr hervorzurufen 
geeignet ist, als die Erhaltung aller Einzelheiten eine auffallende Frische, ja 
manvkönnte fast sagen Unberührtheit, aufweist. Nicht mehr der schwere, 
massige Prunk der Barockzeit, sondern bereits die leichtere, phantasievolle 
Beweglichkeit der Übergangsformen zum Rokoko beherrschen die Gesamt- 
heit der Erscheinung. Rahmenwerk an Stelle architektonischer Pilaster- 
formen und eine hellere, freudigere Farbengebung, 
bedingt durch das weiße Porzellan, ein Ton von 
Anmut an Stelle der Würde, ein Anflug von Be- 
quemlichkeit, namentlich bei den Sitzmöbeln, an 
Stelle der Steifheit rufen fast schon ein Empfinden 
von Behaglichkeit hervor. Es ist die auf deutschen 
Boden übertragene künstlerische Ausdrucksweise, 
die man in Frankreich als Stil der Regence be- 
zeichnet. Noch siegt die Symmetrie über das Un- 
symmetrische, aber die starke Hinneigung zur 
Chinoiserie, die in den Porzellanen zum Ausdruck 
kommt, verbunden mit dem naturalistischen 
Blumenschmuck, der hier auftritt, beweisen bereits 
jenes Zurückweichen vor dem architektonischen 
Zwange, dem das vollendete Rokoko rückhalts- 
losen Ausdruck verleiht und dem erst die fol- 
 
 
Abb. 46.Porzellanplättchen mit ver- 
goldeter Urnralimung, aus der Holz- _ _ _ _ 
Verkleidung des Porzellanzimmers gende Periode mit Nachdruck Einhalt gebietet.
	        
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