Bemhart Rehlinger und Hieronymus Buroner als Vertreter der Stadt mit
„Johann Reuchlen von Schongau Statuario" am 30. Dezember 1603 über die
Herstellung der Bronzen abschlossen." Die einzelnen Figuren werden darin
genau beschrieben, so soll der St. Michael I3 bis 14 Werkschuh groß sein.
Im übrigen müssen sie „nach außweisung der verglichnen modelli" gemacht
werden. Von Wichtigkeit - auch wegen der Rückschlüsse auf die Ent-
stehung anderer derartiger Gußwerke - sind die ausführlichen Angaben
über die dem Bildhauer obliegende Arbeit, die sich deutlich von der
des Gießers trennt. Es heißt da, der „Sculptor" solle „alle nachgemelte
statuen und Figuren, vom kern biß in das wachs seiner höchsten kunst und
geschicklichkeit nach formieren und mit allem Heiß dergestalt außmachen,
das solliche im guß schön und wolfallen mögen" etc. „Wann nun diße
statuen im wachß verfertiget, soll er dieselben nach ansetzung der gußröhrn
mit irem mantl überziehen und mit eißen abbünden, auch höchstes fleiß
darob und daran sein, das solliche gantz und ohne schade in die güeß oder
dammgruben und wider heraus gebracht werden mögen", „nach volendtem
guß den mantl und gußröhrn von sollichen statuen zu thuen usw." Alle
Materialien, wie Eisen, Tonerde, Gips, Wachs, Terpentin, Unschlitt, das
Holz zum Brennen der Formen, auch Seile, Ketten, Züge, Walzen und
„Läden", um die Bilder in die Gießgrube hinein- und wieder herauszuschaffen,
werden ihm geliefert; die nötigen Arbeiter muß er selbst bezahlen. Das im
Vertrag beschriebene Verfahren ist die Wachsausschmelzung a cire perdue,
die auch bei den Augsburger Brunnen des Gerhard und de Vries angewandt
worden ist. Reichels Obliegenheiten, wie sie der Akt schildert, bestehen der
Hauptsache nach in dem Aufbau der Kernmasse, dem Modellieren der
darübergelegten Wachsschicht an der Hand kleinerer Modelle und in der
Zubereitung des F ormmantels. Die vorausgegangene Herstellung der
genehmigten Modelle in Ton, Gips oder Wachs wird als eine selbstverständ-
liche Vorarbeit nicht weiter erwähnt. Von dem eigentlichen Guß ist nicht
die Rede. Er wurde, wie aus den Rechnungsbelegen hervorgeht, wiederum
von dem Stadtgießer Wolfgang Neidhart meisterhaft ausgeführt." Selbst
die Entfernung des Mantels und der Gußröhren wurde Reiche] nach
einem Vermerk auf der Urkunde nachträglich erlassen. Auch das „Ver-
schneiden", das heißt das Reinigen und Ziselieren der Oberfläche war
nicht seine Sache. Welcher Augsburger Goldschmied dies besorgte, wissen
wir nicht. Das Honorar wird auf 2100 rheinische Gulden bemessen. Nach
den eigenhändigen Quittungen Reichels"""" zogen sich die Zahlungen im
' Die Urkunde wird von Dr. Wiedemann demnächst im Wortlaut veröffentlicht werden. Herr Dr. Wiede-
munn hat mir diese und andere Urkunden des Augsburger Archivs in dankenswerter Weile zugänglich
gemacht.
"' A. Näigele in: „Die christliche Kunst", a. a. 0., Seite 17.0. Derselbe, "Fünf Genernnonen einer
schwäbischen Erzgießerfamilie Neidhnrt", „Württembergische jahrbilcber für Statistik und Lnndeskunde",
Stuttgart. 1914, Seite x35; danach begann der Guß im November 1605 im städtischen Gießhaupe. _ Eine von
W. Kilian gestochen: Ansicht des Zeughuuses (1659) hat die Aufschrift! "Jßllmßä Reißhel formlvit fudit."
m" Der Künstler unterschreibt sich „Hannß Reichle bildhauer und achultor". In den gleichzeitigen Ein-
tragungen des Wochenbuches wird er als "bildrpossierer" bezeichnet.
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