Friede, Beschränkung auf das Notwendigste, hier die ganze Plauderhaftig-
keit des Alpenkünstlers.
So bleiben auch nicht die allerentfemtesten Beziehungen des Altars zu
Franken, geschweige zu Tilmann Riemenschneider.
Ubell meint von den großen Figuren des Altars (Ubell 5, 13, 20):
„Technisch stehen sie auf der Höhe seiner (Riemenschneiders) Kunst, und
ihre geistige Potenz übertrifft alles, was er geschaffen. Der düster glühende
Kopf des Apostelfürsten läßt uns zum erstenmal ahnen, welche Feuerseele
der Mann in sich trug, der sich zehn Jahre später gleich Florian Geyer und
Götz von Berlichingen auf die Seite der aufrührerischen Bauern schlug und
in offener Revolution sich gegen seine mächtigen geistlichen Brotgeber
empörte." Wie deckt sich das mit der von Ubell zitierten, auf die fünf
Einzelfiguren bezogenen Charakteristik Riemenschneiders bei Toennies:
„Über allen seinen Werken liegt eine große Ruhe, man möchte sagen
Haltung, seine Gestalten sind feinfühlige, wenn auch nicht geistreiche
Menschen voll Empfindung." Danach hätte meines Erachtens der Schluß
einzig richtig heißen müssen: „Riemenschneider war Lyriker, kein Drama-
tiker; starke Effekte, tief erschütternde Bewegungen der Seele waren seiner
Kunst grundsätzlich versagt. Deshalb können Gestalten wie der düster
blickende Petrus und der verhärmt in sich gekehrte Christophorus niemals
von Riemenschneider stammen."
Verführerisch wirkte wie früher schon auf Geistberger offenbar auch
auf Ubell namentlich der Umstand, daß der Altar zu Kefermarkt wie die drei
Taubertal-Altäre ungefaßtist. Es erscheint nun aber mindestens fraglich, ja in
Anbetracht der Gepßogenheiten ganz Süddeutschlands und zumal Frankens
sogar völlig ausgeschlossen, daß die drei Taubertal-Altäre von allem Anfang
an auf Nichtfassung berechnet gewesen wären. Vielmehr besteht die Wahr-
scheinlichkeit, daß Riemenschneider entgegen der sonstigen allgemeinen
Gewohnheit seine Schnitzwerke nicht im eigenen Werkstattbetrieb bemalen
und vergolden ließ, sondern die farbige Vollendung entweder selbst irgend-
einem andem Meister übertrug, oder alles Weitere den Auftraggebern
anheimstellte. Da mochte manches Werk ohne Farbe und Vergoldung,
das heißt unvollendet bleiben. Einen trefllichen Beleg für diese Annahme
bietet der Münnerstädter Hochaltar. Nachdem Riemenschneider bereits im
Herbst 1492 sämtliche ausbedungenen Zahlungen quittierte, muß man
annehmen, daß damals das Werk schon aufgestellt worden war, und zwar
ohne Fassung. So blieb es ungefähr zehn Jahre stehen, bis laut noch
erhaltenen Urkunden aus den Jahren 1502 bis 1505 kein Geringerer als Veit
Stoß es unternahm, „ein tafeln in der pfarkirchen auf dem hohen altar",
das ist der Schrein mit der heiligen Magdalena, sieben Engeln und zwei
Heiligen, „zu vaßen, zu malen, vergulten und auszubereiten".' Auch der
Altar von Kefermarkt war meines Erachtens unzweifelhaft auf Fassung
"' Die Figur der Magdalena und sechs der sieben Engel befinden sich bekanntlich jetzt im Bayerischen
Nalionalmuseum. Vgl. die einschlägigen Urkunden bei Max Loßuitzer, Veit Stoß, Leipzig 19m, S. 97 u. XXXVIII.