414
Wohngebäude.
fach konstruktive Details erläutert, und auch in der Bau
ordnung vom Jahre 1883 die Aufzüge überhaupt keine Er
wähnung finden.) Erst mit der Nutzbarmachung der Elek
trizität zum maschinellen Betrieb war die Möglichkeit einer
ausgedehnteren Anwendung von Aufzügen gegeben. Der
stetige Fortschritt in der Technik, welcher bei erhöhter
Sicherheit nunmehr die Inbetriebsetzung der Maschine ver
einfacht, und überdies billige, nur geringen Raum bean
spruchende Anlagen gestattet, bringt es mit sich, daß jetzt
in vielen Wohnhäusern, auch der Vorstädte, Personenaufzüge
zur Verfügung stehen.
Die Konstruktion der Fenster ist durch die klimati
schen Verhältnisse Wiens (heftige Winde) bedingt. In dieser
Hinsicht sind die von alters her überkommenen doppelten
Fenster, deren äußere Flügel in der Mauerflucht liegen und
nach außen aufschlagen, sehr zweckmäßig, für die Fassaden
wirkung jedoch unvorteilhaft. So ist denn jetzt ein doppelter
Verschluß, dessen sämtliche Flügel nach innen zu öffnen
sind, die usuelle Ausführung. Hierbei werden die beiden
Glasflächen in einem Abstande von 16 bis 20 cm angeordnet,
da erwiesenermaßen eine weniger tiefe Luftschichte (wie
z. B. bei aneinanderliegenden Flügeln) keinen entsprechen
den Schutz gewährt. Schubfenster bedingen einen, wenn
auch geringen Spielraum in der Führung, werden daher mit
Vorteil nur an windgeschützten Stellen verwendet. Die Per-
siennes, hier Jalousien genannt, und Vorhänge (Flachen)
werden am Sturze des Fensterstockes, oft in einem über
höhten Kasten, zwischen den beiden Verschlußflächen, an
gebracht. Rollbalken aus Holz oder Eisen, vor der äußeren
Glasfläche liegend, werden meist nur dort angewendet, wo
es sich um besonderen Schutz handelt.
Von den den inneren Ausbau des Wohnhauses be
treffenden Einrichtungen mögen noch die auf die Feuer
stellen, die Beleuchtung und die Versorgung mit Wasser
bezughabenden Vorkehrungen Erwähnung finden.
Gegenüberden älteren Herdkonstruktionen ist mit
dem kompendiösen, in der Benützung Zeit und Geld spa
renden Gasherde ein gewaltiger Schritt nach vorwärts getan.
Derselbe konnte allerdings bisher noch nicht allgemein
Eingang finden, da erst die jüngster Zeit erfolgte Verbilli
gung des Heizgases (14 h pro Kubikmeter) dessen öko
nomische Vorteile zur Geltung bringt. Ebenso steht zu
hoffen, daß die alten Öfen (meist Tonöfen) nunmehr durch
die Gasheizkörper verdrängt werden und somit die Ver
pestung der Luft, wenigstens in den Wohnbezirken, eine
Verminderung erfahre. Zentralheizungen gelangten nur in
wenigen größeren Gebäuden und Wohnhausgruppen zur
Ausführung. Die Einbürgerung der Gasheizung, welche den
individuellen Bedürfnissen der Bewohner besser Rechnung
tragen läßt, dürfte künftighin einer häufigeren Anwendung
von Zentralheizungen entgegenstehen.
In der Beleuchtungsfrage wogt noch immer der Kampf zwischen Gas- und elektrischem
Lichte, und es wird noch geraume Zeit verstreichen, bis zu den hygienischen Vorteilen der
elektrischen Beleuchtung sich auch die ökonomischen gesellen und so dieser zum Siege ver
helfen. Dermalen ist das Gasglühlicht noch wesentlich billiger (1 m 3 Leuchtgas 19 h) als das
elektrische Glühlicht, wie es für den normalen Wohnungsbedarf in Frage kommt (1 Hekto
watt 7 h). Nur dort, wo mit den sanitären Forderungen das Bedürfnis nach Komfort Hand
in Hand geht, verhilft dies dem elektrischen Lichte zu weiterer Verbreitung.
Abb. 635. Fassadendctail vom Mattonihof.
W Wohn räume.
VZ Vorzimmer.
K Küchen.
D Dienerzimmer.
Abb. 636. Mattonihof. Erster Stock. 1:600.
Städtische Miethäuser.
415
Die Versorgung der Stadt mit Wasser (siehe
Bd. I) geschieht seit Ende des Jahres 1873 durch
die Hochquellenleitung. Der in dem Rohrnetz herr
schende Druck gestattet die Zuführung des frischen,
klaren Gebirgsquellwassers bis in die höchstgelegenen
Wohnungen der Stadt. In den besseren Wohngebäuden
finden wir die Auslaufmuscheln in den einzelnen
Wohnungen, in den einfachen Häusern der Vororte
für die Bewohner je eines Stockwerkes gemeinsam
auf dem Korridor. Für die vorgeschriebene Wasser
spülung der Aborte, sowie für die Bäder besteht seit
einigen Jahren eine von der Trinkwasserleitung ge
sonderte Nutzwasserleitung, welche bei billigeren
Konsumtaxen die Wohltat erfrischender Bäder für
weitere Kreise ermöglicht. Die Wasserbezugspreise sind
bereits in Bd. I besprochen.
Die Ableitung der Bade- und Spülwässer hat
unter Anwendung von Geruchverschlüssen (Siphons)
zu erfolgen. Die Entwässerung wird zumeist durch
glasierte Steinzeugrohre bewirkt, seltener durch ge
mauerte oder betonierte Kanäle. Die einzelnen Stränge
sind an geeigneten Stellen mit Reinigungsschächten zu
versehen. Die Führung von Ableitungen unmittelbar
unter Parterrewohnräumen wird nur ausnahmsweise
und unter Vorschreibung besonderer Sicherungen
(weitere, undurchlässige Umhüllungen) gestattet. Für
die Ventilation der Kanäle ist durch über Dach ge
führte, VOm Mauerwerk möglichst isolierte Rohre Oder Abb. 637. Miethaus VI., Magdalenenstraße.
Schachte Vorsorge zu treffen. Zu diesem Zwecke
werden die Abortschläuche über Dach geführt.
Von den weiteren technischen Einrichtungen eines Wohnhauses wäre noch der Kehricht
abwurf zu nennen. Dieser besteht aus einem Blech-oder Tonschlauch (innen glasiert), dessen
ir r -11111 ji 11
jyjjJliiJ 1111:111
Abb. 638. Wohnhausgruppe VI., Magdalenenstraße.