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Einzelheiten der Natur ein. Hans Heider gab seinem Werke nur die
wichtigsten Züge, fügte aber noch zu viel von eigenem hinzu; kurzum noch
überwiegt die Schablone, in der man deutlich die Schranken persönlichen
Könnens gewahr wird. Das Bildnis des Abtes Leonhard dagegen versucht
,.,T„._,_.,_, Zug um Zug der Persönlichkeit
V mit ängstlich suchendem Fleiß zu
registrieren. Gewinnt hierdurch das
Porträt an Überzeugungstreue, so
wird man andrerseits die unmittel-
bare Frische der naiven, mit primi-
tiveren Mitteln arbeitenden Cha-
rakterisierung I-Ieiders ungern
missen.
Der Stil des Meisters von
Seeon ist ein ausgeprägt persön-
licher, dem Grabstein des Abtes
Leonhard fehlt dagegen durchaus
der Reiz einer bestimmten indi-
viduellen Kunstanschauung. Diese
spricht viel deutlicher aus einer
andern Grabplatte zu uns, die am
besten hier einzureihen ist, da sie
sich chronologisch und stilgeschicht-
lich unmittelbar an die ebenbe-
sprochenen Werke anschließt. Es
ist der Grabstein für Abt Johannes
Zipfler, gestorben 1417, in dem ehe-
maligen Zisterzienserkloster Rai-
tenhaslach an der Salzachi" (Abb. 21
und 22). Daß das Denkmal im be-
nachbarten Burghausen entstanden
sei, das wohl im späteren XV. Jahr-
hundert eine Reihe tüchtiger Stein-
metzen aufweist, erscheint ausge-
schlossen, um so mehr, als selbst
Abb.2x. Grabsteindes Abtes Johannes Zipfler im Kloster das Handwerksg-ut an Wappen-
Raimhamch steinen aus dem früheren XV. Jahr-
hundert Salzburger Ware ist. Man wird deshalb ohne weiteres auch die
Platte des Raitenhaslacher Abtes als Export aus der nahen Diözesanhaupt-
stadt ansprechen dürfen.
Der Grabstein des Abtes Johannes Zipfler, der wohl unmittelbar nach
dessen Tode im Jahre I4 I7 entstand, ist eine Einzelerscheinung, für die uns
in dem bayrisch-salzburgischen Gebiete jede verwandte gleichzeitige
1' Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern, I, 184i, und Tafel 235; - Riehl a. a. 0., S. 59.