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ernst und fast groß und feierlich. In keinem zweiten Werke dieser Zeit und
dieses Gebietes hat der monumentale Geist der vorhergehenden Epoche
sich mit dem Wahrheitsdrange der späteren Zeit zu solch einheitlicher
Wirkung und solchem klaren Formenausdruck vermählt. Die beiden Werke,
die Grabplatte des Abtes Zipfler und des Propstes Pienzenauer, ergänzen sich
gegenseitig und bilden die wichtigsten
Zeugen für die in ihnen verkörperte
Stilwandlung. Eine Frage aber harrt
hier noch der Antwort: Wann haben
wir den Stein des Propstes Pienzenauer
anzusetzen? Der Propst starb im
Jahre x435, wie uns die Inschrift mit-
teilt. Daß aber erst in diesem Jahre
oder noch später das Grabmal gefertigt
worden wäre, widerlegt einesteils der
Stil desselben, andernteils der Um-
stand, daß, wie deutlich sichtbar ist,
von der Jahrzahl ursprünglich nur „m"
ccccm fertig gerneißelt war und die
Zehner und der Fünfer erst später
nach dem Tode des Propstes aus-
gearbeitet wurden. Angesichts der
Altertümlichkeit des Steines und im
Vergleich mit jenem des Abtes Zipfler
wird man ihn erheblich über das
Todesjahr des Propstes hinaufrücken
dürfen. Er steht entschieden der Grab-
platte des Simon Farcher am nächsten
und bildet die Brücke von dieser zu
jener des Johannes Zipfler. Erwägt
man, daß Abt Simon, gestorben 1412,
seinen Stein schon zu Lebzeiten hat
fertigen lassen, der des Abtes Johannes
aber erst nach dessen Tod, 1417,
entStanden ist, S0 Wird man die Abb. 15. Grabstein des Abtes Leonhard Schellen-
Pseudotumba des Propstes Petrus stain von Raitenhaslach an der Pfarrkirche von
Pienzenauer (gewählt 1404) etwa um Neuömng
das Jahr 1415 anzusetzen haben. Dabei müßte man freilich ganz von der
Möglichkeit absehen, daß der Meister des Zipfler-Steines ein reger fortschritt-
licher, der des Pienzenauer-Steines dagegen ein durch Jahrzehnte hindurch
im Banne alter Tradition schaffender Künstler war. Gerade dies letztere
aber erscheint mir in Hinblick auf die Vorzüge des Werkes kaum annehmbar.
Weniger der künstlerisch bedeutenderen Grabplatte des Propstes Petrus
Pienzenauer als dem bescheideneren Steine des Abtes Leonhard Putzer,