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gewährt in dem zweiten Sitzungssaal die trefflich beleuchtete Sammlung
der modernen Bronzen, welche aus den Uflicien hierher versetzt worden
sind. Giovanni Bolognds Mercur aus der Villa Medici, die ConcurrenzA
Reliefs Gliib erti's und B r unell e schi'e, die beiden David-Statuen des
D o n atell o und V err o c ch io stechen aus der interessanten Reihe dieser
tiir die Kunstgeschichte so bedeutsamen Sculpturen zuerst in die Augen;
hier wünschte man das oben erwähnte und in der Apera des Domes nicht
mit Masse zu betrachtende Dossale zu vergleichendem Studium vor Augen
zu haben; es ergeben sich bedeutsame Aufschlüsse für die Geschichte der
Malerei imd dem Entwicklungsgang der Relief- Composiüon des 15. Jahr-
hunderts und die Acten hierüber, namentlich über die Bildung D ona -
te llo's, sind weit entfernt davon geschlossen zu sein. _
Die Säle des zweiten Stockwerkes , in welchen das oifene Sparren-
werk des Daches auf dem meist einfach in Rohbau gelassenen Mauerwerk
liegt, bieten weniger den künstlerischen als den antiquarischen und Fach-
interessen Nahrung. - Den Eingangssaal, in welchem einfache Rüstungen
und Waffen des 16. Jahrhunderts aufgestellt sind, zieren eine Anzahl
kolossaler Einzelgestalten , Frescomalereien des Andrea del Cas tagno ,
welche aus der Villa Pandoliini in Legnaia hierher versetzt wurden. Das an-
stossende Zimmer wird ganz von der Sammlung orientalischer Gefässe
des Marchese Ferdinando Panciatiehi-Ximenes eingenommen; chine-
sische Emaux-clois onn es, eine besonders schöne Sammlung dunkel-
farbiger B ro nz e g u s s e mit eingelegtem Silberfaden-Ornament gleichen Ur-
sprungs und eine Reihe technisch merkwürdiger Arbeiten in Jad - Stein
mögen den Eingeweihten hier zu eingehender Betrachtung fesseln; derselbe
Sammler lieferte in den anstossenden grossen Watfensaal neun Schränke und
acht Glaskasten von meist orientalischen Waffen, von denen aber in
diesen Tagen Mehreres in den Besitz des Prinzen Na p oleon überging. Ein
reicher, sehr schön gearbeiteter türkischer vergoldeter Schild, den der
llrlarchese als altcrthümlich erworben, enthüllte in seiner von Prof. Amari
. gelesenen Inschrift am Schluss der Koran-Sure „des Siege" das Datum 1856
und den Namen Abdul-Medschid-Achmet. Unter den aus königlichem Besitz
hergegebenen Rüstungen, Schildern und Helmen zeichnen sich der dem
Benv. Cellini - wohl ohne Nachweis - zugeschriebene Schild und
Helm mit dem Salamander Franz des Erstem aus (ehemals im Zimmer
der modernen Bronzen in den UHicien). Eigenthümlieh ist die spätgothiscbe
Laub-Omamentik einer ganzen Reihe von Lederschilden, Taschen etc.,
meist aus dem Besitz des Deputirten Toscanelli, welcher ausserdem
einige schöne venetianische Gläser, eine kleine Auswahl historisch geord-
neter Gewebemuster Kobbia-Reliefs und ein überaus schönes Prachtkreuz
mit farbig emaillixten silbernen Reliefs (dem M330 Finiguerra ohne
allen Grund zugeeignet) ausstellte. Sehr bunt ist der Inhalt des rechts an
das Eingangszimmer stossenden langen Saals: eine ursprünglich von Om-
San-Michele aufgestellte Marmor-Statue des h. Lucas, welchen die
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rnanirirte Bronze des Giov. Bologna in den Vorrathsmum verdrängt
hatte, steht jetzt in diesem Raum unter dem ursprünglichen und neuerdings
vom Untergange geretteten Tabernakel der kolossalen FiesolesMadonnn in
den ÜHicien; in den zahlreichen Glassehrünken hat die königl. Schatzkammer
Elfenheim, Bernsteim, Bergkrystall- und Muschel-Arbeiten
aus dem Paluzzo Pitti und dem naturhistorischen Museum ausgestellt, unter
letzteren zwei Krystallsaucieren und eine Museheltlasche von der schön-
sten bescheidenen Gold-Email-Fassung; aus den übrigen Gegenständen
genüge es ein überaus feines Quattroeento-Niello (Pax) des Hrn. Fr. Pulsk y,
gemalte Schilde -- eines angeblich von Giulio Romano - des Hru. Speu ce,
die historisch interessanten Sammlungen der Siegelstempel und der toska-
nischen Münzen aus den Uüeien, vor Allem aber zwei der herrlichsten
miniirten Chorbücher, im Besitz des Arcispedale von Sa. Maria. nuovs. -
eines davon datirt mit 1473 - zu erwähnen. Das kleinere Eckzimmer
hat durch Bekleidung mit gewirkten Wandteppichen des 17. Jahrhunderts
und Aufstellung schöner Renaissance-Truhen einen wohnlichen Charakter
erhalten und bildet einen angenehmen Ruhepunct iiir die Besucher.
Wie aus der kurzen Beschreibung erhellen wird, darf das Museum
des Palazzo del Potesth von keinem der Florenz besuchenden Kunstüeunde
übersehen werden. Der Eintritt kostet l fn, doch ertheilt die Verwaltung
in zuvorkommendster Weise jedem Kunstlreund und Künstler, welcher das
Museum zu Studienzwecken benutzen will, die Erlaubniss zum freien Eine
tritt. Ob die wünschenswerthe Ausdehnung des Museums zu einer durch
Bibliothek und Vorbildersammlung ergänzten Bildungsanstalt für Kunstr
gewerbe ins Leben treten werde, scheint nach der bisherigen Gestaltung
des Unternehmens noch ungewiss. Dr. A. v. Zahn.
Die Reform des Vereinswesens und des gewerblichen Unter-
" richtes in Graz.
Für die Bestrebungen des österreichischen Museums ist nichts vfoln
grösserer Wichtigkeit, als der Contact mit den Kronläindern. So oft von
Seite des Museums irgend eine Filial-Ausstellung veranstaltet, ein directer
Verkehr mit den Kronlandsinteressen angebahnt wurde, eben so oft hat
sich auch das Mittel gefunden, sich zu yerständigen, zu nähern und
wechselseitig zu nützen. Diese Thatsache ist recht augentällig bei der
Generalversammlung des steiermärkischen Kunst-Iudustrievereines hervor-
geheten, die am 10. d. M. in Graz stattfand. An dem Tage der General-
versammlung hat der genannte Verein auch seine zweite Ausstellung kunst-
gewerblicher Erzeugnisse älterer und neuerer Zeit eröffnet. Der Katalog
dieser Ausstellung umfasst 1009 Nummern, deren Gegenstände sich über
alle Zweige der Kunstindustrie ausbreiten. Wer da weise, wie schwierig
es ist, Ausstellungen ähnlicher Art zu veranstalten, Kunstfreunde und