lerischer Aufgabe, von Bedürfnis des Bestellers und Notwendigkeit des Aus-
führers zu bedürfen, auf der allgemeinen Kultur einer Zeit breit und wuchtig
fundiert zu sein. Nach Tessenows Meinung ist es für die Architekten heute
minder wichtig zu bauen, wie sie wollen und können, als zu bauen, wie sie
müssen.
Ein solches Verlangen nach einer starken und den einzelnen be-
herrschenden Bautradition hat auch sonst manchen Baukünstler beseelt, der
sich des Umfanges und der Verantwortung seiner Kunst bewußt war; den
historischen Richtungen des XIX. Jahrhunderts schien sie durch ein-
dringendste Vertiefung in einen als mustergültig anerkannten alten Stil er-
reichbar. Aber während etwa ein Gotiker wie Friedrich Schmidt die Tradition
durch Läuterung der Schaffenden an einem ästhetisch- ethischen Ideal aus
der Vergangenheit zu gewinnen hoffte, kann sie der denkende Architekt
unserer Zeit nur in der
engstenVerbindungmit
den Notwendigkeiten
des praktischen Lebens
suchen, das unser aller
Herr ist. Was an freier
Schönheit über unserer
Kultur schwebt, wieviel
von allgemeinen und
persönlichen Empfin-
dungen unsere Kunst
auszudrücken vermag,
wievielvonjenemnatio-
nalen und romantischen
Element, durch das je-
ner deutsche Steinmetz
die Bautradition er-
wecken wollte, in un-
serer Architektur le-
bendig werden kann,
all das ist verschwom-
men und unbestimmt,
weder zu fassen noch
zu lehren. Aber was
unserer Zeit und Kultur
als unmittelbares prak-
tisches Bedürfnis gilt,
was durch Material und
Technik bedingt ist,
was hygienische und
Heinrich Tessenow, Herrenarbeitszimmer materielle Notwendig-