stätte vorgeführt wird, ist charakteristisch durch die kapriziöse Umbildung der Frauen-
silhouette. Man sieht mit einemmal ganz anders aus. Madame Proteus ist nun im Ober-
körper flach, die Büste zurückgedrängt, die Hüften aber werden verbreitert und auf-
gebauscht. Mannigfach sind die Mittel. Links und rechts der Taille blähen sich aus
starrendem Taffet aufgeplusterte vol au vent-Ballons. Tüllfrisuren, Radkrausen (den Mühl-
steinkragen der Ratsherren verwandt), winden sich gleich Saturnringen. Den durch Poiret
nach dem Vorbild um r8oo wieder in die Mode eingeführten Orientzug erkennt man an
zwei andern Hypertrophien, an der konstriktorhaften Wickelbinde, die die exotische
vielmetrige Schärpe nachahmt und, besonders bei der Wiener Werkstätte, aus schmieg-
samen Seiden in üppig wuchernden Farbenharmonien besteht; und weiter an den der
türkischen Pluderhose angepaßten Rockformen. Sie sind unten entweder ganz eng
zusamxnengeschnürt oder geschützt, so daß jedes Bein bei der Bewegung für sich allein
formiert wird, nach oben steigt dann, umgekehrt pyramidal, Fülle des Stoffes an, falten-
reich, abstehend, auch an die Seitenflügel der Breeches erinnernd. Und die Falten
vereinigen sich strahlenförmig im Mittelpunkt. Die witzigste Nuance aber bleibt das von
Poiret eingeführte Krinolinchen, jene ganz kurze Tunika, meist aus transparenten Schleier-
geweben mit Pelzsaum, durch Reifen abgesteift, die um die Hüften wie ein Lampenschirm
steht und wippt.
Der Weisheit letzter Schluß scheint hierbei, daß sich in der neuen Modehaltung die
Frauen zu etwas lange Verleugnetem bekennen, zum Leib. Statt der PräraEaelitenlinie
regiert nun Lukas Cranach. F. P.
ERLIN. SAMMLUNG BECKERATH. Am 4. November beginnt bei Lepke
in Berlin die Versteigerung der bekannten Majolikasammlung Adolf von Beckerath.
Sie nimmt unter den bedeutenden Majolikasammlungen Deutschlands besonders dadurch
eine ganz eigenartige Stellung ein, daß ihr Besitzer fast nur Quattrocento-Geschirre
gesammelt hat und innerhalb dieses Gebietes auch die schlichteren Erzeugnisse nicht ver-
schmähte, ja gerade in diesen Stücken den Umstand zu schätzen wußte, daß sie, zum
Unterschied von den späteren, durch die hohe Kunst der Renaissance beeinflußten Majoliken,
die aufTradition innerhalb der Grenzen und der Eigenart des Töpferhandwerks beruhenden
Dekorationsarten repräsentieren. daß sie ihren speziellen keramischen Stil besitzen. Wir
erkennen wohl einen islamischen, spanischen, gotischen Einiluß, aber wir verlassen nie
die engere Sphäre der Töpferwerkstatt. Über 160 Stücke der Sammlung gehören dem
Quattrocento an und sind hauptsächlich Faentiner und Florentiner Erzeugnisse, zooübjekte
repräsentieren das Cinquecento, und zwar besonders die Werkstätten von Castel Durante,
Faenza, Deruta und Siena. Eine Anzahl prächtiger Renaissancebildwerke in Ton und Holz
und einige Venezianer Gläser und Florentiner Brokate sind der Sammlung angeschlossen.
Der von H. K. Krüger verfaßte, von O. v. Falke eingeführte Katalog mit 64 Licht-
drucktafeln ist mit bewährter Sachkenntnis und unter sorgfältiger Benutzung der Werke
von Bode, Q. v. Falke, Henry Wallis und Agnani gearbeitet. Fs.
RESDEN. AUSSTELLUNG „DAS DEUTSCHE HANDWERK
DRESDEN 1915". Die Ausstellung steht unter dem Protektorat des Königs
Friedrich August von Sachsen und findet vom Anfang Mai bis Ende Oktober statt. Sie
will einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit und die Leistungen des Handwerks,
über den Unterschied zwischen guter und schlechter Arbeit, über den Wert und Preis der
Handwerkserzeugnisse geben. Es soll gezeigt werden, was für Rohstoffe verarbeitet
werden, in welcher Weise dies geschieht und welche Erzeugnisse entstehen. Dabei soll
ersichtlich gemacht werden, inwieweit Handarbeit allein zweckmäßig ist, in welcher Weise
sie durch die Maschine unterstützt werden kann und wo sich lediglich Maschinen-
arbeit auch im Handwerksbetrieb empfiehlt. Die Ausstellung hat kürzlich ihre erste
Siegelmarke herausgegeben. Auf rotem Grunde mit schwarzer Umrahmung erscheinen in
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