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Sicherlich ist unsere nervöse hastende Zeit dem Festhalten der Eindrücke durch
rasch und frei niedergeschriebene Notizen günstig, sicher ist heute manche Vorarbeit
und Studie eindrucksvoller, unmittelbarer als manches fertige Bild desselben Künstlers.
Es ist interessant zu sehen, wie die einen schon in ihren Bleistift- und Pinselstudien vor
der Natur das fertige Bild sehen, während andern die Studie nur eine Gedächtnisstütze,
nur eine Arbeitsnotiz ist, deren viele einzelne nötig sind, um einen Kompositionsgedanken
zu fördern. So sehen wir in dem kleinen Raum, der mit den schönen Kohlenzeichnungen
Rudolf Bachers angefüllt ist, das Werden größerer Bilder durch eingehendes vorbereitendes
Studium der Be-
wegung, des Um-
risses und Aus-
druckes einzelner
Teile. Solche Blät-
ter sind an sich
wertvoll, wenn
auch ihre Bestim-
mung sie nicht als
abgeschlossenem-
beiten erscheinen
läßt. Ähnlich stu-
dieren Maximilian
Liebenwein, Alois
Kolb die einzel-
nen wichtigen Tei-
le ihrer Komposi-
tionen. Xn diesen
Studien fühlt man
bereits die Ten-
denz zum Bilden,
zur Abrundung,
sie gehen über das
Zufällige des Ein-
druckes hinaus
und betonen das
Wesentliche, Ver-
einfachte. I-I.Tichy
bringt vollends ab-
Abb. 28. Wiener Porzellanteller mit der bunten Darstellung der „Shepherdess of the geSChIOSSgIE Bfld"
Alps", um x7g3 (Kaiserliche Eremitage, St. Petersburg) eTlÜNÜffe In 561116!"
tonigen, weichen
Art. Andere geben nervös hingeworfene Impressionen, die das Flüchtigste festhalten
wollen, wie Otto Friedrich in seinen Rötel- und Kreideskizzen zu Figurenbildern oder Josef
Engelhardt in den Bewegungsstudien zum Waldmüller-Denkrnal, Arnold Roux in seinen
Pferdestudien. Bei Grom-Rottmayer wird aus der Studie ein graphisches Werk
voll Selbständigkeit. Illustrative und graphische Begabungen arbeiten schon in der
Bildnotiz auf den Raumausschnitt, den dekorativen Effekt hin. Fr. König zeigt dies ebenso
wie Walter Klemm und V.Thiemann. Anton Nowak, A1. Hänisch, Rich. Harliinger, L. Rösch
bringen so weit durchgebildete landschaftliche und architektonische Studien, daß fertige
Illustrationen vor uns ausgebreitet scheinen. Unsere moderneReproduktionstechnikgestattet
ja die täuschende Wiedergabe solcher Blätter, und sie bilden einen wohltuenden Gegensatz
zur mechanischen Gleichmäßigkeit der Bildreproduktion, die immer etwas unpersönlich
Starres behält. Der graphische Künstler führt durch sein Temperament den Beschauer