Zweck und Materialschönheit zu einem ganz neuen, unserer Zeit angemessenen Stile
verschmolzen hat. Dieser sachliche Stil der hohen Qualität zeigt sich ganz rein und ohne
weiteres überzeugend zum Beispiel in den köstlichen Lederarbeiten der OHenbacher
Industrie, in den funkelnden Gläsern, den glatten Metallgeräten, dem vornehmen Porzellan,
den Steinzeugkrügen, -bowlen und -Figuren. Es ist ein Stil, der gar nichts mit der
schnöden, mühsam überwundenen Nachahmung früherer Stilepochen zu tun. hat; solche
Nachahmungen sind vielmehr durchweg als böse Gegenbeispiele gekennzeichnet. Es ist
vielmehr der Stil unserer neuzeitlichen Eleganz und Sachlichkeit, der ebenso in einem
mondänen Gesellschaftskleid wie in einer Lokomotive, im Auto wie im Sportsnzug sich
durchgesetzt hat, und der nur noch auf den Gebiet des Gebrauchgegenstandes mit
veralteten Vorurteilen von reicher Dekorierung, Stilnachahmung und Surrogat zu
kämpfen hat.
Das aber ist der tiefere Sinn dieser Ausstellung, nicht nur den Geschmack zu bilden
und Gefühl für sachliche Schönheit zu erwecken, sondern darüber hinaus zu Gedanken
über unser nationale Arbeit anzuregen. Denn „Gut und Böse" bedeutet nicht nur in
geschmacklicher, sondern auch in moralischer Beziehung die Gewissensfrage an den
deutschen Käufer, die deutsche Hausfrau: Wollt Ihr unsere beste Industrie unterstützen
oder die Schundfabrikate des ln- und Auslandes? Das künftige Wohlergehen Deutschlands,
sein Ruhm und seine Weltstellung ruht letzten Endes darauf, daß seine Qualitätsarbeit
zunächst zu Hause, dann in der Welt sich durchsetzt und siegt. Und in diesem Sinne
sagt die „Einführung" mit Recht: „Nur wenn jeder zu seinem Teile beiträgt zur Verbes-
serung unserer deutschen Produkte, indem er keine schlechte, sondern stets gute und
sachliche Gebrauchsware kauft, können wir erreichen, daß die gesamte deutsche Arbeit
veredelt wird und die schlimme Charakteristik ihrer Produkte von ehemals ganz
verschwindet: „billig, aber schlecht". Weil aber das Gedeihen und die wirtschaftliche
Zukunft Deutschlands nicht auf der Erzeugung billiger Massenware, sondern ganz allein
auf der verfeinerten Qualitätsware beruht, so hat jedermann die PHicht, das Gute durch
Ankauf zu fordern, das „Böse" in wahrem Sinne wie die Hölle zu meiden: Schund und
Nachahmung und Surrogat. Es muß so weit kommen, daß es bei uns als unanständig gilt,
„Gegenbeispiele" im Hause zu haben oder - zu verschenken}? S.
PARISER AUSSTELLUNGEN. Die Ausstellung der Gesellschaft „La Cimaise"
fand auch heuer bei Georges Petit statt. Man muß hier lieber einige hervorragende
Künstler einer eingehenden Betrachtung unterziehen, als es versuchen, den vielen mittel-
mäßigen Arbeiten eine gute Seite abzugewinnen.
Das Bild von Le'on Cauvy „Dimanche au Jardin du Luxembourg" ist entschieden
kräftig und kühn gestrichen, man wundert sich nur über die etwas sonderbare Auf-
fassung der Perspektive, dies ist vielleicht auch ein Grund, warum die Komposition etwas
steif und hart wirkt.
Edgar Chahine tritt diesmal ganz bedeutend in den Vordergrund. Wir sehen von
ihm acht Pastellbilder, darunter eigentümliche Frauentypen, welche gewisse perverse Reize
verkörpern, wobei jedoch nur das Mienenspiel in Betracht kommt. Am interessantesten
ist das Porträt einer rothaarigen Frau in blaßgriinem Kleid. Alles in dem Bild ist in den
zartesten Tönen gehalten, nur die braunen Augensterne bilden zwei dunkle Punkte.
Entzückend ist auch eine Mutter mit ihrem Kind „Ghemma Maman". Es fällt hier
ganz besonders auf, mit welch auserlesenem Geschmack die Rahmen zu den Bildern
gestimmt sind. Drei Kohlenzeichnungen und einige Lithographien vervollständigen die
Ausstellung dieses Künstlers, der auf verschiedenen Gebieten in gleichem Maße Erfolge
erntet.
Rodolphe Fomerod ist vor allem ein tüchtiger Zeichner, eine Eigenschaft, die heut-
zutage ganz besonders zu schätzen ist. Wie immer man über seinen Farbensinn urteilen
mag, seine Entwürfe sind stets von wohltuendem künstlerischen Ebenrnaß. Das Bild