kranz" unbeirrt weiter. Sie bleibt bei ihrem Eigenkleid, das ihrem eigenen Typ gewiß sehr
angemessen. Hier sieht man einen Kostümegotismus, der nicht über sich hinauskommt und
kein fruchtbares „Stirb und werde" erlebt. Aber nicht nur, wer I-Ieimstätten, auch wer
Kleider für Menschen schaffen will, mul] Altruist sein, muß Einversetzung in anders geartete
Wesenheiten haben.
Diesem Muthesia-Stil verwandt sind die kümmerlichen Kunstgewerblerinnen-Hüte
von Gertrud Schiitz, besonders der schwarze Strohtopfdeckel mit dem spärlichen Blätter-
gerank, als habe eine Märchengeiß daran geweidet, und dem ergreifenden Heideröschen.
Viel Gemüt und wenig Geschmack.
Doch sonst, wie gesagt, bekennt sich der Wunsch nicht mehr zu Geniekittel oder
Talenttoga für das Studio oder die grüne Wiese mit der Staffelei „allein auf weiter Flur",
sondern durchaus zum Mondänen, freilich nicht durchaus sicher. Frau Oppler-Legband
zeigt einen Theaterumhängmantel aus Cerise-Moire mit bauschig hängenden Schlauch-
ärrneln und Chenillestickerei auf dem Kragen. Ziemlich laut in der Farbe, kein Kammer-
spielton. Und heftig, ja parodistisch wirkt die Komposition von Gerta Schrödter aus
I-Iirnbeerjacke, gelbem plustrigen Luftballonrock, ganz eng unterm Knie abgebunden mit
einer blauen Stauungsbinde.
Ruhiger und nicht ohne gewisse Distinktion ist aus der gleichen Quelle die Kom-
bination aus schwarzem Rock und lila Jacke.
Gelungen scheint auch das lncroyablekostüm von Frau Kath. Greve-Hamburger.
Ein faltiger „römisch" gestreifter Rock aus einer schimmerigen Seide, die man Regen-
bogenhaut nennen könnte, dazu weißseidene abgestochene Scboßjacke, bunt gestickt,
die eine gelb lederfarbene Weste sehen läßt: jene Weste - die Anleihe aus der Herren-
sphäre - die auf dem Rücken sogar das kokett verschämte Schnällchen zeigt und die
von Paris und Wien eingeführt wurde.
Sehr charakteristisch bleibt schließlich die Konstatierung, daß in dieser „Ausstellung
deutscher Kleider nach Entwürfen deutscher Künstlerinnen" die brauchbarsten und
hübschesten Lösungen von Männern herrühren, nämlich von den Plakatzeichnern Ernst
Deutsch und Lucian Bernhardt. Jugendlich heiter und voll frischem Reiz ist das knappe
grüne Röckchen von Deutsch, hochansteigend mit Knöpfchenreihen auf 'der Schoßbahn,
dazu ein hauchiger bavanna und weiß gestreifter Bolero über einem Lingeriehemdchen,
das luftig oben als Umfallkragen und an den Armeln als Manchette herausquillt.
Sehr harmonisch abgewogen hat Bernhardt sein Promenadenkleid, bananengrün,
leicht gerafft, in der Schrittvertikale eine Schlitzbahn bis zu den Füllen, gefüllt mit einem
vielfarbigen aber abgetönt stimmenden, lila-grün-braun-schwarzen Rips-Streifen an
Schottenschärpen erinnernd. Und dieser reichnuancierte Stoff kehrt wieder als Fasson-
belag des breiten Reverskragens und als Ärmelrüschen.
Nicht übersehen darf man über diesen Amateurmodellen die Typen der Firma selbst.
Sehr pikant schien die Seidenjacke aus gewässertem Grau, langspitzig abgestochen mit
offenstehenden Knöpfen - einem Dessin von Georges Lepape in der „Gazette du bon ton"
verwandt - über gelbem, schwirrend zuckigem Volantrock voll launischem Rhythmus
und einer großen startenden Libellenschleife als Schlußstück _ sozusagen cul de lamp -
des Rückens. Störend empfand man in diesem Ensemble nur den diese spielende, wippende
Beweglichkeit beschwerenden schwarzen Nackenkragen, der so hart und steif am Hals
sitzt wie eine jener bretternen Kopfstützen, auf denen die Japanerinnen zur Nacht,
ihr Fleisch kreuzigend, liegen, um die Frisur zu erhalten. Qualität zeigen auch die
Sportzeuge: der mammuthafte Automantel aus grün-gelb streiiigem weichfelligen Stoff, der
als deutsches Fabrikat in seiner Struktur und locker leichten Fülle die englischen
. Produkte erreicht; das wie von Rieselregen gemusterte Cape, mit seiner forstgrünen
Innenseite auf dem Rücken, wie die Schöße der alten Reitröcke umgeschlagen und
zusammengegürtet, darunter die kräftige moosfarbige Weste mit den körnigen I-Iirschborn-
knüpfen.