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trifft, die bei allem Reichtum durch ein gewisses Kunterbunt nur verwirren konnten. Die
Bauaufgaben werden vergegenwärtigt an den verschiedenen Gruppen, die die Industrie
bietet (Fabriken, Speicher, Silos), die der Handel bietet (Geschäfts- und Warenhäuser), die
Staat und Kommunen bieten (Bahnhöfe, Schulen etc.). Als Baumaterialien, die auf die
Stilgestaltung einen bestimmenden EinfiuB ausüben, kommen besonders in Betracht das
Eisen und der Eisenbeton.
An zahlreichen Beispielen wird die künstlerische Verwendung des Eisens demonstriert:
an eisernen Gerüsten, Hallen, Türmen und Brücken. Der Vergleich zeigt, daß erst durch
das energische Eingreifen der Künstler, eines Peter Behrens und anderer, der an sich spröde
Baustoff künstlerische Form gewinnt. Besonders an Brücken und Bahnsteighallen verfolgt
man die stets wachsende künstlerische Gestaltung des Eisens, die vor allem dadurch
gewonnen wird, daß man die aufgelösten und netzartig wirkenden Konstruktionen durch
Vollwandigkeit zu Massen zusammenschließt. Der Eisenbeton steckt in seiner künstlerischen
Ausdrucksform noch in den Anfängen; man spürt überall ein unsicheres, ungewisses
Tasten. Was einem imponiert, das sind die ungeheuren Spannungen, die dieser Baustoff
mit Leichtigkeit bewältigt. Eine Ausstellung nach Ablauf eines weiteren Jahrzehnts wird
hier sicher neue künstlerische Aufschlüsse geben. Im einzelnen kann an dieser Stelle auf
das reichhaltige Material der Ausstellung nicht eingegangen werden; ziemlich alles, was in
Deutschland an wertvollen und schöpferischen Bauten in den letzten Jahren geleistet
wurde, ist auf der Ausstellung zu sehen. Es genügt, auf die leitenden Gedanken des
Arrangements hinzuweisen, um den Begriff und die Bedeutung der Ausstellung zu ver-
mitteln. Von künstlerischen Persönlichkeiten, in deren Schöpfungen sich der neue Stil
vorbereitet, treten in den Vordergrund: Peter Behrens, dessen Industriebauten und Ver-
waltungsgebäuden ein eigener Raum gewidmet ist; Wilhelm Kreis, der an einer Reihe
großzügiger Entwürfe zu Warenhäusern sein neuklassisches Stilideal dokumentiert und im
Gegensatz zu Messels einseitigem Vertikalismus einen Ausgleich vertikaler und horizontaler
Kräfte anbahnt; Hans Pölzig, der großzügige und raumklare Industriebauten verführt;
Fritz Schuhmacher, dessen Hamburger Schulen eine anmutige Lösung dieser Bauaufgabe
darstellen und schließlich Paul Bonatz, dessen Entwürfe zum Stuttgarter Bahnhof eine
neue reine, zeitgemäße Monumentalität, sachliche Strenge mit künstlerischem Reichtum,
anstreben. Aus Anlaß der Ausstellung ist eine Begleitschrift erschienen, deren literarischer
Wert nicht nur lokale und vorübergehende Bedeutung besitzt. Abgesehen von allgemeinen
und kunstpädagogischen Aufsätzen erhält besonders der ausführliche Katalog durch
didaktische Erläuterungen seinen Wert. W. F. Storck
ARISER AUSSTELLUNGEN. Die jährliche Ausstellung der „Societe des
Aquarellistes Francais" wurde Ende Jänner bei Georges Petit eröffnet. Diese Gesell-
schaft umfaßt eine Gruppe auserlesener Künstler, und das Durchschnittsniveau der aus-
gestellten Arbeiten ist infolgedessen als ein sehr gutes zu bezeichnen. Der veraltete Begriff
von der Minderwertigkeit der Aquarelltechnik im Vergleiche zur Olmalerei ist nunmehr
gründlich abgetan.
Wieder ist es Antoine Calbet, der hier die meisten (zum mindesten praktischen)
Erfolge erntet. Man reißt sich um seine Bilder, von denen die Mehrzahl gleich mit dem
Zettel „vendu" (verkauft) geschmückt wird. Über seine glänzenden Eigenschaften in
Farbe, Zeichnung und jenen „Schick", der in der scheinbaren Leichtigkeit dieser virtuosen
Pinselführung liegt, habe ich meinen Ansichten hier schon zu wiederholten Malen Ausdruck
verliehen. Der Künstler hat diesmal für seine Bilder größere Dimensionen gewählt; ein
strenger Kritiker würde da und dort etwas Schleuderhaftes auszusetzen haben, was in den
früheren Arbeiten nicht der Fall war und wahrscheinlich in der Überproduktion liegt, zu
welcher Calbet durch seine Erfolge verleitet wird.
Allgemeines Interesse erwecken und verdienen auch die fünf Kriegsbilder, welche
der Maler Georges Scott von seinem Aufenthalt in den Balkanländern mitgebracht hat.