Ich vergaß ein kleines Relief in farbigem Wachs („Ophelie"), Arbeit der Herzogin von
Uzes, zu erwähnen.
„Les Pastellistes Francais", eine Gruppe berühmter Künstler, wurde erst kürzlich
unter dem Protektorate der Marquise de Ganay gegründet. Die erste Ausstellung der
Gesellschaft ist gegenwärtig dem Publikum in der Galerie Georges Petit zugänglich.
Porträte in Pastell werden von den meisten Damen den gediegeneren Ölbildem vor-
gezogen. Marcel Baschet stellt hier eine ganze Serie von bekannten Persönlichkeiten aus,
elf Porträte, darunter Präsident Poincare, die Schriftsteller Donnay, Richepin, Rochefort
und Henri Lavedan. Ein einziges virtuoses Stück von Besnard „Le miroir" ist endlich ein
Spiegelbild, in dem man die Spiegelfiäche nicht sieht. Nur der Ausdruck des Gesichts
verrät, daß sich die Dame aufmerksam besieht. Von Calbet muß ich heute noch einmal
alle Qualitäten rühmen, denn er gehört auch zu den Glanzpunkten in der Ausstellung der
Pastellisten. In dieser Technik treten seine Vorzüge ebenso gefällig hervor als in seinen
Aquarellbildem. Man bewundert auch seinen Schaffenseifer: wieder sieben neue Arbeiten,
lauter hübsche Frauengestalten.
Abel Faivre ist gleich berühmt als Porträtmaler und als grausamer Karikaturist. Hier
ist er in ersterer Verfassung ernst zu nehmen und man kann ihm die gebührende Be-
wunderung für seine feinen Frauenköpfe nicht versagen. Die Zeichnungen von Forain
stammen abwechselnd von der heiteren und von der tragischen Muse, aber die Kraft und
Sicherheit seiner Strichführung ist immer gleich bewunderungswürdig. Von den vielen
Porträten kann man sagen, daß es fast lauter gute Bilder sind. Wir sehen gleich fünf Stück
von Dagnan Bouveret (lauter Damen), eine ebenso große Anzahl von Gervex. Rene Gilbert
erntet nicht nur mit dem vorzüglichen Bild „General Meunier", sondern auch mit vier
Frauenbildnissen allgemeinen Beifall. Ein ziemlich seltener Aussteller ist der berühmte
Maler und unvergleichliche Zeichner Charles Leandre. Man ist daher um so freudiger davon
berührt, hier einige herrliche neue Arbeiten von ihm vorzufinden. Die Kunst Leandres ist
vor allem eine persönliche und läßt sich in keine Kategorie einteilen. Das große Bild „Sur
champ d'or", eine dunkle Frauengestalt auf goldig glänzendem Hintergrund, ist eine durch-
wegs edle Komposition. Das Porträt einer Dame in weißem Kostüm ist ungemein stilvoll
und die alte normannische Bäuerin auf sonnigem Hintergrund ist eine Figur, welche unsere
Sympathie erwecken muß. In den Landschaften ist Leandre auch vor allem ein Erzähler:
die „verlassene Wohnstätte" und das „liebe alte Haus", jedes ist eine ganze Geschichte.
Eugene Loup verwendet fast gar keine Konturen, sowohl in seinen Porträten als in
seinen Landschaften (zwei Nachtstimmungen im Luxembourg-Park). Bei den Porträten ist
diese Manier ebenfalls von ungemein gelungener Wirkung.
Die Ausstellung bietet noch vieles Nennenswerte: zwei Bilder von Le Sidaner,
Marinelandschaften von Andre Dauchez, Kanalbilder von Luigini, lichte farbenfrische
Gegenden aus Südfrankreich von Montenard, Tänzerinnen von Thevenot, Bühnenlichteffekte
von Guirand de Scevola. Vor den „Dryades" von Menard empfindet man von neuem alle
Vorzüge dieses Künstlers. Man sieht zwei klassisch schöne Figuren in einer idealen Land-
schaft, das Ganze von einem warmen bräunlichenDämmerlicht überhaucht. Die„Baigneuse"
und die „Bacchante" von Prinet könnten uns noch mehr fesseln, wenn nicht hier so viele
Kunstwerke Ansprüche auf unsere Aufmerksamkeit geltend machen würden.
Th. de Kultner
QSEF FÜHRICHS WERKE. Wie Adolf Menzel seinen Dorgerloh, Ludwig
Richter seinen Adrian Hoff hat, so hat nun der dritte größte deutsche Graphiker des
XIX. Jahrhunderts, Josef Führich, in Wörndle seinen erschöpfenden Bibliographen
gefunden." Nicht gerade, als ob hier schon das abschließende Verzeichnis der heute
" Josef Fllhrichs Werke. Nebst dokumentarischen Beiträgen und Bibliographie. Gesammelt von Hein-
rich von Wörndle unter Mitwirkung von Erich Slrohmer. Herausgegeben vom k. k. Ministerium für Kultus und
Unterricht. Mit acht Bildbeilngeri. Wien 1914. Verlag von Artsria ä Camp.