Eingeleitet wurde die Jubelfeier mit dem vom Wiener Männergesangvereine vor-
getragenen Mendelssohnschen Chor: „Festgesang an die Künstler".
Seine Exzellenz der l-Ierr Minister für öffentliche Arbeiten Tmka richtete hierauf
folgende Ansprache an die Festversarnmlung:
„Eure Exzellenzen, sehr verehrte Damen und Herren! Heute jährt sich zum fünf-
zigsten Male der Tag, an welchem Seine k. u. k. Apostolische Majestät unser allergnädig-
ster Kaiser und I-Ierr die Ernennung weiland Seiner k. u. k. Hoheit des unvergeßlichen
durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer zum Protektor des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie allergnädigst zu vollziehen und damit dieses Institut, dessen
Gründung durch das Allerhöchste Handschreiben vom 7. März 1863 allergnädigst
angeordnet worden war, zum Beginne seiner Tätigkeit zu berufen geruht haben. Die hohe
Bedeutung dieses Tages ließ es angemessen erscheinen, ihn festlich zu begehen, und so
haben denn der Präsident des Kuratoriums und ich uns erlaubt, die Gönner und Freunde
des Museums heute hierher zu bitten. Ich erlaube mir, Ihnen allen, die Sie heute hier
erschienen sind, für das lebhafte Interesse, welches Sie den Geschicken dieses Instituts
stets entgegengebracht und auch heute wieder durch Ihre Anteilnahme an dem fünfzig-
jährigen Jubiläum bewiesen haben, den herzlichsten Dank auszusprechen.
Und nun sei mir gestattet, als Chef des Ressorts, welchem das Museum untersteht,
sowie im Namen der Regierung dem Österreichischen Museum für Kunst und Industrie
zu seinem fünfzigjährigen Bestande die wärmsten Glückwünsche darzubringen und der
Befriedigung darüber Ausdruck zu geben, daß es ihm vergönnt war, jenen Intentionen
gerecht zu werden, welche unser allergnädigster Herr in Seiner nimmer ruhenden Fürsorge
für das Gedeihen der heimischen Produktion dem Allerhöchsten I-Iandschreiben vom
7. März 1863 zugrunde gelegt hat. Hiernach sollte der Zweck des Museums darin bestehen,
den Vaterländischen Industriellen die Benutzung der Hilfsmittel zu erleichtern, welche die
Kunst und Wissenschaft für die Förderung der gewerblichen Tätigkeit und insbesondere
für die Hebung des Geschmacks in so reichern Maße bieten. In näherer Umschreibung
des hiermit grundsätzlich festgelegten Wirkungskreises durch das bald darauf Allerhöchst
genehmigte Statut zu wissenschaftlicher und praktisch erzieherischer Tätigkeit im Dienste
der Kunstforschung, der Geschmacksbildung und der Erziehung eines leistungsfähigen
heimischen Kunsthandwerkes bestimmt, hat das Österreichische Museum durch die
Anlage reicher Kunstsammlungen, welche jedermann offenstehen, durch die Schaffung
einer umfassenden Bibliothek, durch die Veranstaltung vieler historischer und neuzeitiger
Ausstellungen, durch die Abhaltung belehrender Vorträge wie durch die Herausgabe einer
großen Zahl von Werken und Schriften, die einen hohen wissenschaftlichen und
literarischen Wert repräsentieren, auf Künstler, Kunsthandwerker, Gelehrte, Studierende
und auf die weitesten Kreise der Bevölkerung richtunggebend, aneifemd und geistig ver-
tiefend gewirkt. Wenn wir dies heute bekunden, so gedenken wir damit auch aller der
ausgezeichneten Männer, welche das Österreichische Museum gründen halfen, welche es
beschützt, organisiert und auf jene hohe Stufe gebracht haben, auf welcher dieses - auf
dem europäischen Kontinent älteste f Kunstgewerbemuseum schon seit vielen Jahren steht.
Auf das beste beraten und gefördert war die Leitung des Instituts stets durch das
Kuratorium, welches, aus hervorragenden Männern zusammengesetzt, sich zu allen Zeiten
um die Propagierung der ernsten und vornehmen Ziele des Instituts in hohem Maße ver-
dient gemacht hat.
Es gereicht mir zur besonderen Freude, bei dem heutigen festlichen Anlaß auch zum
ersten Male den von Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät neu ernannten Präsidenten
des Kuratoriums, Seine Durchlaucht den Prinzen Franz von und zu Liechtenstein und das
neu ernannte Kuratorium auf das herzlichste begrüßen und gerade bei diesem Anlaß an
Seine Durchlaucht, wie überhaupt an das Kuratorium, die Bitte richten zu können, die
Wirksamkeit des Österreichischen Museums in seine Obhut nehmen und auch weiterhin
auf das tatkräftigste fördern zu wollen.