Ich bin dessen sicher, daß das Österreichische Museum unter der treuen Anteilnahme
aller seiner Freunde, unter der bewährten Obsorge des Kuratoriums und vor allem unter
Eurer Durchlaucht weisen Führung einer neuen Epoche des Aufschwunges entgegengeht,
und daß es ihm unter diesen Auspizien gelingen wird, auf den seiner Pflege zugewiesenen
Gebieten die Fortschritte der Technik und die Bedürfnisse der Neuzeit mit den Forde-
rungen wahrhaften Kunstsinnes in Einklang zu bringen. Bei einer solchen Erfassung
seiner Aufgaben wird das Österreichische Museum die Qualität der heimischen Arbeit
nach jeder Richtung hin auf das glänzendste beeinflussen, zur Veredlung des Geschmackes
beitragen und damit das österreichische Kunstgewerbe, welches - was Talent, Tüchtig-
keit und individuelles Schaffen betrifft - alle Bedingungen des Gedeihens in sich trägt,
wirksamst fördern. Auf diese Weise wird das Museum den Richtlinien, die ihm bei seiner
Gründung allergnädigst vorgezeichnet worden sind, treu bleiben, und in diesem Sinne
begleiten es meine Wünsche auf seinen ferneren Wegen."
Namens des Kuratoriums hielt dessen Präsident Seine Durchlaucht Prinz Franz von
und zu Liechtenstein folgende Ansprache:
„Das Kuratorium des k. k. Österreichischen Museums, an dessen Spitze ich durch die
Gnade Seiner Majestät des Kaisers berufen worden bin, begrüßt aufs freudigste den
heutigen Tag, an welchem wir uns vereinigt haben, um zurückzublicken auf 50 Jahre
reger, erfolgreicher Arbeit dieses Instituts, das unser allergnädigster Kaiser über Anregung
des damaligen Ministerpräsidenten, des allverehrten Förderers und Freundes von Wissen-
schaft und Kunst, weiland Seiner k. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs
Rainer ins Leben gerufen hat. Nach dem Vorbilde des vom Prince-Consort Albert und
Gottfried Semper unter dem Eindrucke der Londoner Weltausstellung x85! geschaEenen
South Kensington-Museums als erstes Kunstgewerbemuseums auf dem Kontinent
errichtet, hat das k. k. Österreichische Museum die Aufgabe erhalten, dem heimischen
Handwerk und ,der Industrie künstlerische Richtung zu geben, die technischen Grundlagen
der angewandten Kunst neu aufzubauen, die wirtschaftlichen Kräfte des Vaterlandes auf
diesem Wege zu beleben und zu vermehren, der Vorführung trefflicher Werke der alten
Kunst und ihrer wissenschaftlichen Erforschung eine Stätte ernster Arbeit zu bereiten und
auf die Hebung der künstlerischen Kultur aller Schichten der Bevölkerung nachhaltig ein-
zuwirken. Vom Staate und von vielen Gönnern stets nach Möglichkeit gefördert, durch
treffliche Gelehrte und Künstler beraten und geführt und getragen von begeisterter Zustim-
mung vor allem der produzierenden Kreise des Vaterlandes, hat dieses Institut dem
geistigen und wirtschaftlichen Leben unserer Zeit die größten Dienste geleistet und nimmt,
hochgeachtet in der Welt, einen hervorragenden Platz in der langen Reihe jener bedeu-
tenden Schöpfungen ein, welche die Völker Österreichs ihrem allergnädigsten Kaiser und
Herrn verdanken. An der Arbeit des Österreichischen Museums beteiligt zu sein, mitwirken
zu können an der Festigung und Ausbreitung seines Einflusses im Rahmen der ihm
gegebenen Statuten, ist eine Freude für diejenigen, welche berufen waren und sind, dem
Ministerium, zu dessen Ressort das Museum gehört, als Berater zur Seite zu stehen. Das
Kuratorium, an dessen Spitze so ausgezeichnete Männer wie Graf Edmund Zichy, Graf
Hugo Traun, Paul Freiherr von Gautsch, Graf Friedrich Schönborn und zuletzt Graf
Leopold Gudenus gestanden sind, und welchem stets eine große Zahl der besten Vertreter
aus der Reihe der Kunstfreunde - ich nenne das älteste Mitglied Graf Hans Wilczek
und das jüngste Mitglied Freiherrn von Rothschild - sowie der Kunst, Wissenschaft
und Industrie angehörten, blickt mit aufrichtiger Befriedigung auf die bisher geleistete
Arbeit zurück und gibt dem Vertrauen und der großen Zuversicht Ausdruck, daß das
Österreichische Museum, dem wir zum heutigen Festtag innigst Glück wünschen, auf der
ihm vorgezeichneten Bahn ernster Tätigkeit zum Wohle des Vaterlandes und seiner
geistigen und technisch-künstlerischen Entwicklung erfolgreich weiterschreiten möge.
Das Kuratorium wird nie ermangeln, die Bestrebungen dieses Hauses tatkräftigst zu
unterstützen.