genommen hat, üben die Vorträge des Museums auch heute noch eine große, eine gegen
früher erhöhte Anziehungskraft aus. Das Österreichische Museum ist auch das erste
wissenschaftliche Institut Wiens und Österreichs gewesen, das den Vorträgen den
Projektionsapparat dienstbar gemacht hat.
Kein Kunstgewerbemuseum der Welt hat dem Ausstellungswesen solche Ausdehnung
gegeben und solche Bedeutung zugemessen wie das unsrige. In den Zeiten, da die histo-
rischen Sammlungen noch unbedeutend waren, wurde den historischen Ausstellungen
breiter Raum gewährt, aber schon Eitelberger hat, immer von praktisch erziehlichen und
wirtschaßlichen Gesichtspunkten geleitet, dem lebenden heimischen Kunstgewerbe hier
eine Stätte bereitet zur Vorführung seiner Leistungen und zur Aufweisung der Mittlerrolle,
welche das Museum seinen Statuten gemäß zwischen Industrie, Handwerk und ent-
werfenden Künstlern zu erfüllen hat. Die Popularität des Instituts ist vor allem auch
dieser Tätigkeit zu danken, und durch die 200 kleineren und größeren Ausstellungen
historischen und modernen Charakters, auf die wir hinweisen können, ist reiche Belehrung
und Förderung gestiftet und vielen, sehr vielen SchaHenden die Möglichkeit der Ent-
wicklung und der Erlangung von Ansehen geboten worden. Immer wurde Gewicht darauf
gelegt, die Edelarbeit und damit die Kultur des Lebens zu heben. Irrungen und Fehlgriffe
werden nie das Gesamtbild dieser fruchtbaren Arbeit zu trüben vermögen. Mit Dank
erfüllt uns das Bewußtsein der Anhänglichkeit und Mitwirkung der produzierenden Kreise,
zu deren Nutzen dieses Haus errichtet wurde. Wenn wir die lange Reihe von Persön-
lichkeiten überblicken, die die Dienste des Museums in Anspruch nahmen und seine
Bestrebungen unterstützten, von denen viele schon dahingegangen sind, so steht als
leuchtendes Muster dieser treuen Mitarbeit der Altmeister der österreichischen Kunst-
industrie Ludwig Lobmeyr vor uns, der als erster vor 50 Jahren sich Eitelberger anschloß
und heute, wenn auch vom Alter gebeugt, noch unermüdlich tätig ist, nie stillestehend,
immer vorwärtsstrebend.
Daß ein Institut so voll Lebenskraft und zeitgemäßer Organisation Schule machen
und auf viele der besten Geister der Zeit anziehend wirken mußte, ist klar. Der moderne
Museumsbetrieb, noch nicht am Ende seiner Entwicklung, ist von Eitelberger mit klarem
Blicke erfaßt und organisiert worden. Wir dürfen es mit Stolz aussprechen, daß eine
Reihe hervorragender Männer hier eine für ihr Leben entscheidende Einwirkung empfangen
hat. Justus Brinckmann, der Altmeister der deutschen Museumsleute, hat, unter Eitel-
bergers Einfluß im Ballhause als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter tätig, dort den Übertritt
von der Naturwissenschaft zur Kunstwissenschaft vollzogen. Hugo von Tschudi hat hier
seine Lehrjahre absolviert. Franz Wickhoff, Hubert Janitschek und Alois Riegl, jahrelang
Beamte des Hauses, haben von hier aus ihren Weg zu hochangesehener Stellung als
Universitätslehrer genommen, Lippmann wurde an die königlichen Sammlungen in Berlin
berufen. Direktor Frauberger in Düsseldorf und Professor Direktor Masner in Breslau, die
wir mit Freude als unsere Ehrengäste hier begrüßen, haben die österreichische Museums-
tradition nach dem Deutschen Reiche getragen, letzterer ist uns lange jahre ein aus-
gezeichneter, hochverehrter Mitarbeiter in diesem Hause gewesen.
Als Österreichisches Museum hat das Institut stets die Förderung verwandter
Bestrebungen in den Kronländern und im ungarischen Staate mit wärmster Sympathie
begrüßt, gebend und nehmend haben wir mit den gleichen Zielen zustrebenden Instituten
treue Arbeitsgemeinschaft gehalten. Es ist uns eine Ehre und Freude, den Vertreter
Ungarns und zahlreiche Vertreter der österreichischen Länder hier in unserer Mitte zu
sehen. Was sonst die Menschen trennen mag und verfeindet, die Kämpfe des Tages,
haben vor den Toren dieses Hauses haltgemacht. Es beglückt uns, daß das heutige
Fest uns aber auch Kundgebungen der Achtung und Interessengemeinschaft und der
begeisterten Schätzung unserer herrlichen Stadt aus zahlreichen Zentren der deutschen
Staaten, aus Belgien, Dänemark, England, Frankreich, Holland, Italien, Norwegen,
Rumänien und der Schweiz gebracht hat. Wir fühlen und wissen, daß das Österreichische