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Volltext: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 4)

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DIE BERLINER KÖNIGLICHE PORZELLAN- 
MANUFAKTUR S0- VON JOSEF FOLNESICS- 
S dem Dreibunde der großen deutschen Porzellan- 
fabriken Meißen, Wien und Berlin ist Wien im 
Jahre 3864 ausgeschieden. Ein Moment der Mut- 
losigkeit und Verdrossenheit hatte auf Vergangen- 
heit und Zukunft vergessen lassen und den be- 
klagenswerten Beschluß der Auflösung der Fabrik 
herbeigeführt. Meißen und Berlin konnten aber in 
jüngster Zeit Jubiläen feiern und haben in histo- 
rischen Rückblicken mit Stolz und Freude auf die 
Bedeutung ihres Schaffens hingewiesen. Auch 
Berlin war in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts nahe daran, das 
Feuer in seinen Brennöfen für immer zu verlöschen, aber ein wohlgemeinter 
Warnungsruf aus Wien, vom Österreichischen Museum ausgehend, hat 
wesentlich dazu beigetragen, voreilige Entschlüsse zu verhindern. S0 hat 
denn Berlin im eben verflossenen Sommer in einer Jubiläumsfeier daran 
erinnert, daß vor x50 Jahren, am 24. August 1763 Friedrich der Große die 
Porzellanfabrik Gotzkowskys zur königlich preußischen Porzellanmanufaktur 
erhoben hat. Zehn Jahre nach Wegelis ersten Versuchen war Gotzkowsky, 
vom König hierzu aufgemuntert, daran gegangen, von neuem den Versuch 
zu wagen und in Berlin Porzellan zu erzeugen. Seine Erfolge waren derart, 
daß der König bereits nach zwei Jahren die Fabrik unter seinen persönlichen 
Schutz nahm und sie dadurch zu jenen hohen künstlerischen Leistungen an- 
spornte, die sie von 1763 an aufzuweisen hat. 
Die lebhaften und stets freundlichen Beziehungen der Wiener zur Berliner 
Fabrik, die wiederholt zu einem Austausch technischer Errungenschaften 
führten und auch auf künstlerischem Gebiet eine gegenseitige Einflußnahme 
begünstigten, lassen es selbstverständlich erscheinen, daß dieses Jubiläum 
auch bei uns sympathische Teilnahme weckte und unser Interesse noch 
mehr als sonst auf die einstige Schwesteranstalt lenkte. 
Die Anfänge der Porzellanerzeugung in Berlin waren keine so glück- 
lichen als die in Wien. Obwohl Wegeli seine Fabrikation 33 Jahre später 
als Du Paquier begann, können sich seine Erzeugnisse an künstlerischer 
Bedeutung mit jenen seines Wiener Vorgängers nicht messen, dagegen 
gewann Berlin, indem es nach 1763 gleichsam eine Tochteranstalt Meißens 
wurde, sofort einen bedeutenden Vorsprung vor Wien. Die Überlegenheit 
Berlins dauerte solange, als die Rokokotraditionen Meißens fortgesetzt werden 
konnten. 
Mit Beginn des Klassizismus sehen wir sowohl Meißen als Berlin von 
Wien überflügelt. Dieses Erstarken der Wiener Porzellanindustrie zwischen 
1780 und 1820 hängt mit den günstigeren politischen Verhältnissen, mit der 
 
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