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FAYENCEPLASTIK 50' VON JULIUS LEISCHING-
BRUNN 5h
AS Brünner Erzherzog Rainer-Museum hat anläßlich
der Feier seines vierzigjährigen Bestandes am
x. Dezember vorigen Jahres eine keramische Aus-
stellung eröffnet, in der zum ersten Male der Ver-
such gemacht war, einen Überblick über ' die
iigürliche Fayenceplastik zu gewinnen. Gerade in
den allerletzten Jahren hat sich ja die Forschung
dem lange vernachlässigten Studium namentlich
der deutschen Fayencefabrikation zugewendet und
wertvolle Ergebnisse erzielt. Aber die iigurale und
dekorative Bildnerei in Fayence ist bisher weniger
beachtet worden, als sie verdient. Aus der von den Museen und Privat-
sammlungen Österreichs und des Deutschen Reiches sehr gut beschickten
Ausstellung folgt hier zunächst eine Auslese der wichtigsten Arbeiten. Sie
läßt erkennen, daß die seit dem Beginn des XVIII. Jahrhunderts so rasch auf-
blühende Fayenceindustrie nicht nur der Zahl ihrer Fabriken und Erzeug-
nisse, sondern auch deren Güte nach vollste Aufmerksamkeit beanspruchen
darf und keineswegs bloß Surrogate für das erfolgreichere Porzellan ge-
schaffen hat.
Eine kleine Gruppe holländischer Arbeiten sei hier an die Spitze
gestellt, hat Holland doch schon im XVII. Jahrhundert im Wetteifer mit der
eingeführten Chinaware eine ausgebreitete und künstlerisch hochstehende
Fayenceerzeugung besessen, der es auch an figürlichen Arbeiten nicht
gefehlt haben kann. Holländische Arbeiten haben dann ja auch die deutschen
Fabriken beeinflußt und hier vielfach Nachfolge gefunden. Sie auch in der
Plastik zum Vorbild zu wählen, lag nahe, wurde doch noch zu Beginn des
XVIII. Jahrhunderts die Fayence überhaupt gern „Delfter Gut" genannt. Auch
sind schon seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts zahlreiche holländische
Fayencearbeiter in Deutschland nachweisbar, so Daniel Behaghel und der
Rotterdamer Jacob van der Walle seit 1661, Johann Bally seit 1675 in
Hanau, 1678 der Delfter Pieter Fransen van der Lee in Potsdam.
In Figuren scheint namentlich der Delfter Jacobus Halder Adriaens
(1741 geboren) tätig gewesen zu sein. Die Sammlung Gasnault besaß einst
zwei mit seinen Anfangsbuchstaben bezeichnete Salzfässer mit Figuren, die
Sammlung P. Jourde eine mit Blumen bekränzte, bemalte Kuhf" Jacobus
Halder übernahm von Jan Thumis Dextra in Delft im Jahre 1765 die Werk-
stätte l'A grec (Grieksches A).
Die Mehrzahl der holländischenFiguren gehört wohl erst dem XVIlLJahr-
hundert an, wenngleich die Blütezeit Delfts schon um die Mitte des XVII.
Jahrhunderts begann. Demmins Behauptung, daß zwei angeblich datierte
"' Henry l-lavard, Histoire des Faiences de Delft, I1, S. 277 mit Abb.
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