Man sieht wohl einzelne Versuche, deren Urheber Hodlers großzügigen Wandbildern
nachzustreben suchten - aber ohne über äußerliche Nachahmung hinaus zu reichen.
Den meisten fehlt jeder Sinn für Monumentalität oder für malerischen Reiz. Auf
diesem letzteren Können, das seine Geschicklichkeit und Gewandtheit auf die Erbschaft
Makarts gründet, beruht der Vorzug von dreien unter den prämiierten Entwürfen. Hier
lebt noch eine Tradition fort, die den Glanz vergangener Größe unserer Generation zurück-
zurufen bemüht ist (Karl Haßmann und Fritz Zerritsch). Dem architektonisch aufgebauten,
als erstem prärniierten Entwurf (Walter Ditz) mangeln wieder diese malerischen Vorzüge.
Er vermag durch eine Strenge der linearen Anordnung zu entschädigen, die den architek-
tonischen Rahmen berücksichtigt, für den er bestimmt ist. Sicher ist die Vorbedingung für
die Lösung monumentaler Aufgaben heute seltener wie jemals vorhanden. Jener Zug zur
Größe der Auffassung und jene Konzentration der Mittel, welche allein zur Monumentalität
führen können, sind nur ganz wenigen gegeben. Tradition und Schulung aber, die über den
Mangel an innerer Größe manchmal hinweghelfen, sind längst erloschen und verloren;
darum ist ja auch der Durchschnitt der monumentalen Leistungen so wenig wertvoll.
Die Strebenden und innerlich Ringenden stehen heute abseits und sind bei offiziellen
Konkurrenzen nur selten oder gar nicht anzutreifen. Von den meisten der andern muß man
aber sagen, daß man fühlt, der Glaube fehlt - gar häufig auch noch das Können, das auf
der Schulung fußt.
HOLLÄNDISCHE KUNST BEI G. PISKO. Eine Wanderausstellung hollän-
discher Kunst (seit 1870), veranstaltet durch den Larenschen Kunsthandel, Amster-
dam, bringt eine Übersicht über die Kunstentwicklung eines Landes während eines halben
jahrhunderts. Allerdings bietet diese Schaustellung nur Mittelgut, oft nur die Namen
berühmter Größen, ohne den Klang zu rechtfertigen. So sind besonders Israels und die
Brüder Maris wenig gewichtvoll vertreten, während dafür Weißenbruchs Aquarelle voll-
wertig sind. Trotzdem fühlt man den einigenden Einfluß jener Künstlergeneration, die im
Haag ihren Wohnsitz aufschlug und von dort aus lange Zeit die Kunst ihrer Heimat
beherrschte und in die Weite hinaus zu wirken vermochte.
Sie ist unter dem Einüuß der weichen, tonigen holländischen Atmosphäre und ihrer
großartigen Wolkenbildungen zu einer Landschaftsschule von Bedeutung erwachsen und
hat in den edlen alten Werken, welche die Sammlungen und der Privatbesitz Hollands
bergen, die Stütze für einen warmen tiefen Tonreiz gefunden, der auf alter Malkultur
basiert.
Einen schwachen Abglanz dieser Kunst bietet jetzt diese Kollektion, die zugleich zeigt,
wie der altrneisterliche Zug noch in der folgenden Generation nachwirkt, so daß viele, wie
Marius Bauer, Suze Robertson, van Beeven und andere noch ganz in ihrem Banne stehen.
Daneben beginnen die Einflüsse des modernen Frankreich lebendiger zu wirken, wie in
M. v. Raalte, und im jüngeren Israels; es beginnen kräftigere, lokal gefärbte Werke zu
entstehen, wie die Katwijksche Frau von P. van der Hem, endlich werden auch die jüngsten
kolorisüschen Bestrebungen gefördert, wie jene stark farbigen Porträte, die in Paris ent-
standen zu sein scheinen.
Ganz nebenbei erfährt man durch zwei sehr interessante Zeichnungen, daß ein
Vincent van Gogh existierte - der allerdings nicht dem Lande, sondern der Welt ange-
hört. Von Toroop erzählt nur das Vorwort des Katalogs. Auf die ganz Großen pilegt man
sich in der Heimat erst sehr verspätet zu besinnen; aber es ist schon viel, wenn die mittlere
Linie nicht tiefer liegt wie in Holland, und wie es hier eine zu Verkaufszwecken zusammen-
getragene Bildersammlung zu zeigen vermag.
Wo das Handwerk geehrt bleibt, wird auch die Kunst immer wieder Anlaß und
Gelegenheit zum Aufschwung finden. So hat ja auch die jüngste Künstlergeneration
Hollands ihre Kraft zu entfalten gesucht, wenn dies auch hier nicht stark in die Erschei-
nung tritt.