immer wieder ein Ereignis, welches sowohl von der gesamten Presse als vom Publikum
eingehend besprochen wird. Es fällt uns heuer vor allem der Umstand auf, daß in der
Disposition der Säle eine Änderung im günstigen Sinne vorgenommen wurde: die Malerei,
die Skulptur und das Kunstgewerbe sind nicht mehr streng voneinander geschieden und
in bestimmte Abteilungen verlegt. In den Sälen für die Bilder befinden sich da und dort in
geschmackvoller Anordnung einige Vitrinen mit Kunstgegenständen und verschiedene
Skulpturen in derselben Weise aufgestellt, wie dies in einem eleganten Interieur der Fall
wäre. Das Arrangement des „Salon" ist auch diesmal von drei bekannten Künstlern
angeordnet worden, den Herren Le Sidaner, Lucien Simon und Georges Picard.
Vor allem ist man natürlich gespannt zu sehen, welche neuen Kunstwerke die
Berühmtheiten der Welt beschert haben. Zuloaga ist jedenfalls einer von denjenigen, die
am meisten Aufsehen erregen. Seine Arbeiten gehören zwar immer unstreitig in die
Kategorie der Besten, doch hat der Künstler sich diesmal in bezug auf die Verwendung
frischer lebhafter Farbenetfekte neue Probleme gestellt und dieselben glänzend gelöst,
ohne hierbei etwas von den Qualitäten seiner früheren Manier einzubüßen. Jedes einzelne
seiner Bilder müßte besprochen werden. Das größte „Toreaclors de Villages" zeigt uns
eine Gruppe von jungen spanischen Stierfechtem, deren Kostüme eine prachtvolle Farben-
harmonie bilden, im Hintergrund jene fabelhaüe spanische Landschaft, welche uns stets
mehr als Phantasie wie als Wirklichkeit erscheint.
Das Porträt „ein Kardinal" ist ebenso kühn in der Farbe, doch ist man hier vor
allem von dem Gesichtsausdruck der Figuren gefesselt: der Kardinal und ein junger
Priester, der hinter ihm steht. Im Bilde von Maurice Barres sehen wir den berühmten
Autor, wie er von einer Anhöhe aus die Stadt Toledo mit träumerischen Blicken betrachtet.
Zuloaga hat uns jedenfalls ein originelles Porträt von ihm geschaffen. Das vierte Werk
Zuloagas schlägt ganz aus der gewohnten Art des Künstlers: „La Dame au Perroquet" ist
eine nackte weibliche Figur inmitten einer prunkvollen Staffage; die Fleischtöne sind von
so aufdringlicher, einheitlich rosiger Färbung, daß unsere Bewunderung hier ein wenig
inne hält.
Die Bilder von Meister Lucien Simon, in demselben Saal wie die soeben genannten,
wirken nüchterner, in demselben Maß, wie eine französische Landschaft von einer
spanischen abstechen würde. Das große Bild „le Quai" ist eine vorzügliche naturalistische
Wiedergabe des Hafenlebens.
Die großen Dekorationsstücke sind gottlob ziemlich selten, und keines davon gehört
zu den besten Eindrücken, die dem Besucher bevorstehen. Von Meister Alfred Roll, dem
ehrwürdigen Präsidenten der Nationalgesellschaft, sollte man eigentlich nur Gutes sagen,
eine Höflichkeit, die dem Künstler von sämtlichen Pariser Kritikern erwiesen wird. Die
Deckenmalerei „Poesie-Drame", für das „Petit-Palais des Charnps Elysees" bestimmt, ist
in den Farben matt und harmonisch: grau, lichtviolett und blau. In die Betrachtung der
einzelnen Figuren und ein Entziffern der Gedanken, welche sie verkörpern, soll man sich
lieber nicht einlassen. Weerts, von dem wir bisher nur Porträte in kleinem Format kannten,
liefert auf einmal ein riesiges Wandgemälde, welches ein historisches Ereignis aus dem
Mittelalter mit vielen Figuren vorstellt. Die Entschuldigung für einen so großen Aufwand
an Fleiß liegt darin, daß das Bild vom Gemeinderat von Roubaix für das dortige Rathaus
bestellt wurde.
Für einen ähnlichen Zweck malte Montenard ein Weinlesebild aus Südfrankreich,
welches in Toulon einen dauernden Aufenthalt finden wird. Zu erwähnen, und zwar im
lebenden Sinne, ist das große Wandgemälde „l'Effort humain" von Armand Point. Dieses
Werk enthält zirka 30 gut gruppierte nackte Figuren und erinnert stark in der Manier an
die italienische Renaissancezeit. Der Gesamteindruck bleibt jedoch trotz der meisterhaften
Ausführung ziemlich verworren, unsere moderne Auffassung steht ihm fremd gegenüber.
Zu denjenigen Künstlern, welche am meisten Raum einnehmen, gehören noch
Maurice Denis mit einer Serie von sechs dekorativen Panneaux (nautische Spiele mit