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unvergängliches Zeugnis seiner Kunst. Die hohe Vollendung des Werkes
ist bedingt durch die souveräne Beherrschung der Technik, die sich mehr
noch als in der mühevollen Kleinarbeit des Pelzhutes und des Besatzes der
Schaube oder in dem wunderbar gearbeiteten Händepaar in den zarten
Schwellungen und Übergängen der Flächen in dem Antlitz offenbart.
Die Bewunderung vor dieser technisch vollendeten und inhaltsreichen
Meisterleistung süddeutscher Marmorplastik steigert sich aber noch, wenn
wir der Zeit ihrer Entstehung
nachfragen. Schon die überzeu-
gende Lebenswahrheit setzte
ein eindringliches Naturstudium
voraus, das ohne eine genaue
Kenntnis des Modells und län-
geren Verkehr mit ihm nicht
denkbar ist. Daß das Denkmal
aber schon zu Lebzeiten des
Dargestellten geschaffenwurde,
belegen weiterhin noch die
erst nachträglich der eigenartig
ungleichmäßig verteilten Um-
schrift eingefügten zeitlichen
Todesangaben." Wir dürfen in
Anbetracht des innerlich so
reichen und formal so abge-
glichenen Werkes, das jede
fremde Hilfe ausschloß, wohl
einige Jahre zurück rechnen,
sodaß wir also immerhin den
Beginn der Arbeit schon in die
letzten zwanziger Jahre setzen
dürfen.
In seiner einsamen Größe
Abb. 27. Von der Deckplatte der Orrenburg-Tumba in der und Eigenartyzumal Rahmen
o"'"""'g"x"'"l""p"ss"" der Straubinger Plastik, wirkt
das Werk so unvermittelt und überraschend, daß man fast die Frage
nach dem Meister und seiner Herkunft vergißt, und in der Tat hat man
sie auch bis heute noch nicht gestellt, geschweige gelöst. Und doch beant-
wortet sie sich ohne weiteres, denn der Stein des Ulrich Kastenmayr ist
nichts anders als die reife Frucht des Meisters der Albrechtstumba. Schon in
dem Bildnis des Propstes Pienzenauer in Berchtesgaden sehen wir die ersten
' Anfangs war oEenhar nur eingemeißelt: . . . . . starb vlreich chastenmayr . . . . . dem got genedig sey.
Man erkennt namentlich an der zerrissenen Jahrzahl, die auch weniger sorgfältig gemeißelt ist, die spätere
Zutat. Nach den Zierligürchen vor A" und vor heyligen, die jenem am Ende der Umschrift entsprechen, nehme
ich jedoch an, daß der gleiche Meister auch die nachträglichen Ergänzungen, und zwar unmittelbar nach dem
Tode des Kastenmayr, noch vor Aufstellung des Werks an Ort und Stelle, gefertigt hat.