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Volltext: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 6 und 7)

vorübergehend gearbeitet hätte. Auf keinen Fall aber ist es zulässig, auf 
diesen frühen Bildwerken fußend eine „Straubinger Bildhauerschule" 
aufzubauen. Sie sind, wie der Zusammenhang gelehrt hat, die unmittel- 
barsten Erzeugnisse der Salzburger Schule aus der Nachfolge Hans 
Heiders, die um so höher für die kunstgeschichtliche Forschung zu bewerten 
sind, als in Salzburg selbst aus dieser Zeit nicht ein einziges Werk auch 
nur von annähernd solcher Vollendung sich erhalten hat wie etwa die 
Werke unseres Meisters, 
selbst die mächtige Tumba- 
platte des heiligen Vitalis 
in St. Peter nicht ausge- 
nommen. 
Der Meister des Ulrich 
Kastenmayr stellte mit der 
Pienzenauer-Platte einen 
völlig neuen Typ auf, indem 
er den Verstorbenen nicht 
wie bisher in seiner Le- 
benskraft, sondern in des 
Todes Banden zu schildern 
suchte. Schon dieses frühe- 
ste Werk rang uns die 
größte Bewunderung über 
die unerwartet treffliche Lö- 
sung des neuen Problems 
ab, das in dem Bildnis des 
Kastenmayr zu einer er- 
greifenden Schöpfung aus- 
reifte. Dürfen wir einzig 
dem künstlerischen Genius 
des Meisters den neuen Abb. 39. Vom Grabstein des Pfarrers jodocus Geßler in der 
Gedanken und Seine Er" SLJakobs-Pfarrkirche zu Straubing 
starkung zu solchen Taten 
beimessen?! Diese Befreiung aus dem Banne einer veralteten Anschauung 
scheint sich ja wohl in Bildnissen wie dem des Abtes Simon Farcher in 
Seeon, des Abtes Johannes Zipfler in Raitenhaslach und des Abtes Johannes 
Vogel in Oberaltaich anzukündigen, dennoch wirken Erscheinungen wie 
der Kopf der Pröpste Pienzenauer und I-Iinderkircher oder gar des Ulrich 
Kastenmayr in ihrer greifbaren Wirklichkeit als ein plötzlicher und rücksichts- 
loser Bruch mit der Tradition. Es entfaltet sich hier fast das gleiche Bild, wie 
es im hohen Norden die Kunst der Eycks beinahe in den gleichen Jahren 
der bewundernden Mitwelt vor Augen stellte, ja in den gemeinsamen Grund- 
zügen, dem unerbittlichen Realismus und der schlichten, unbewußten 
Monumentalität berühren sich beide Gruppen so eng, daß es außerordentlich 

	        
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