autgetahren worden sind!
Mit Ausnahme Napoleons 1., dem es ganz
offensichtlich darauf ankam, den ersten
Auftritt einer neuen kaiserlichen Dynastie
mit einer Krönung in Paris der Welt
ungleich wirksamer vor Augen zu führen
als in Reims. Um so merkwürdiger, daß
der Kaiser das Krönungswagenprojckt
seiner Ersten Hnfarchitekten Fontaine und
Percier als zu teuer ablehnte und sich mit
einem Wagen begnügte, der einem be-
deutenden Wagentheoretiker des 19. Jahr-
hunderts nicht nur urmmdem, sondern auch
zu klein erschien, um die Jllujerläl eine:
Xouueränr reprärenlieren {u können 7.
Nach einer durchschnittlichen Bauzeit von
zirka 9 Monaten pHegte man die fertigen
Krönungswagen nach Reims zu schaifen,
leer und mitunter auch verhüllt, wie wir
das aus Archivalien zur Krönung Karls X.
(1825) wissen. Auch bewaffnete Wachen
sind da bezeugt sowie eine transportable
Remise, die den Krönungswagen vor neu-
gierigen Blicken, eventuellen Sabotageakten
und schädigenden Witterungseinflüssen zu
schützen harte. Zwei bis drei Tage vor der
stets an einem Sonntag abgehaltenen Krö-
nung wurde der Wagen dann in einem eine
halbe Wegstunde vor der Stadt entfernten
Orte für den in einem Reisewagen ankom-
menden König bereitgestellt. Dort bestieg
ihn der Monarch und nahm nach alter
Tradition vom Reimser Magistrat Huldi-
gung und Stadtschlüssel entgegen, um
darnach in einem festlichen Zuge i der
sogenannten „entree solennelle" - und
unter Begleitung genau verteilter Hof-
chargen in die Stadt und vor die Metro-
politankirche zu fahren, wo ihn der Erz-
bischof empßng. Unmittelbar vor dem von
einem Achtergespann gezogenen Krö-
nungswagen rollten meist einige leere oder
nur mit hohen Offizieren besetzte und
sechsspännig gefahrene Staatswagen des
Dauphins und der Herzöge von Orleans,
Chartres und Bourbon. Im Krönungs-
wagen selbst saß der Monarch nur in
Begleitung dieser seiner nächsten männ-
lichen Verwandten. Nie aber fuhr die
Königin darin!
Nach dieser entre? Jolennelle wurden die
Krönungswagen in Reims nicht mehr ver-
wendet. Weder am Krönungstag selbst 7
an welchem der Monarch zu Fuß aus seinen
Gemachern der erzbischöflichen Residenz
zur Kathedrale geleitet wurde - noch
anläßlich der festlichen und immer zu
Pferde gerittenen Camzlrade zur Abtei-
kirche des hl. Remigius, die ein bis zwei
Tage nach der Krönung stattfand. Nach
diesen Festtagen scheinen die Krönungs-
Wagen wieder leer nach Paris gebracht
worden zu sein, wo man sie wahrscheinlich
zu den entrie: der in ihre Hauptstadt zurück-
kehrenden Monarchen noch einmal ver-
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wendet und dann in eigenen Remisen der
Erurie: du Roi 7 des königlichen Mar-
stalles - verwahrt zu haben scheint. Daß
keine einzige Quelle von weiteren Aus-
fahrten dieser Wagen spricht, darf uns nicht
verwundern. Vereinten sich doch an ihnen
kostbarster Schmuck, Staatswappen, Chiff-
ren und Herrschaftsinsignien des Souveräns
zu einer gleichsam visionären Repräsen-
tation herrscherlicher Würde. Jede andere
Verwendung dieser somit offensichtlich
nur für höchste Staatsanlässe reservierten
Zeremonienwagen wäre als eine Profanie-
rung empfunden worden. Diesem den
Zeitgenossen durchaus vertrauten Symbol-
gehalt, für welchen erst in unserem nüch-
terner denkenden Zeitalter die erforderliche
Sensibilität verlorengegangen ist, mögen
noch einige Bemerkungen gelten.
Konservative Kreise waren beispielsweise
davon überzeugt, daß mit großen Kupfer-
stichdarstellungen der Krönungswagen eine
wirksame politische Propaganda betrieben
werden konnte. Dabei scheinen die auch
als Erinnerungsstücke beliebten Blätter
später lediglich als Vorlagen für Wagen-
bauer von Interesse gewesen zu sein. Nur
in den seltensten Fällen können sie mit
ihren Vorbildern heute noch verglichen
werden; wo nicht, da überliefern sie uns
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verlorene Objekte. Nichts verrät jedoch
das Ansehen solcher Staatswagen besser
als die Zerstörung des Krönungswageris
Ludwigs XVI. in der Französischen Revo-
lution. So wie der Pariser Nationalkonvent
1793 das Haupt des Königs gefordert hatte,
so wurde damals auch in einer Parlaments-
akte die Vernichtung seines Krönungs-
Wagens beschlossen und auch durchgeführt.
Während man im selben Jahre noch die
Staatskasse mit Vcrsteigerungserlösen von
besonders wertvollen Galawagen aus ehe-
maligem königlichem Besitz zu bereichern
hoffte 7 alle unansehnlicheren und robusten
Fahrzeuge überließ man der Armee und
den öffentlichen Diensten - war dies ein
gezielter Zerstürungsakt, gerichtet gegen
ein die Republik kompromittierendes
Staatssymbol. Denn nach der Meinung
eines Revolutionskommissärs hätte allein
schon der Anblick dieses unwürdigen Denk-
male: die Älqextät der Volk; beleidigt und e:
immerfarl an die rurbloren Triumphe reiner
Unterdriirker erinnern müssenß. Der oben
erwähnte Krönungswagen Napoleons I.
scheint unter geringerem Propagandaauf-
wand vernichtet worden zu sein; er ist
unter den 1814 auf den Thron Frankreichs
zurückgelangten Bourbonen in aller Stille
zerlegt worden.
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