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ter dem Sarkophag; zum Zwecke der Aufdeckung von Fresken an dieser
Stelle versetzte man sie an ihren heutigen Standort und löste sie dadurch
noch gänzlich aus dem ursprünglichen Zusammenhang. Sarkophag mit Platte
gehören der Frühzeit des XIV. Jahrhunderts an. Die Pienzenauer-Tumba und
das Polhaym-Denkmal stellen die Weiterentwicklung oder, richtiger vielleicht,
die Ernüchterung dieses Typus darf
Und noch ein Zweites. Dem Gedanken einer Grabstätte hätte es wohl
am besten entsprochen, das Bild des Verstorbenen auf einem Sarkophag
oder auch nur einer einfachen Platte im Todeszustand darzustellen, dennoch
war es allgemeine Gepflogenheit des Nordens und Westens, den Dahin-
gegangenen in der Vollkraft des Lebens, in der Würde und Erhabenheit
stolzen Erdenwirkens zu schildern. Italien wandelt auch hierin seine eigenen
Wege. Seine Künstler verkörpern uns in ihren Sepulkralfiguren des Trecento
und Quattrocento vorwiegend die Hinfälligkeit irdischer Größe, den ewigen
Schlaf des Todes. Auch dafür können die oben angeführten Beispiele heran-
gezogen werden; für Padua sei noch auf das Grabmal" des Stifters der
Capella delYArena, des Enrico Scrovegno, gefertigt um 1360, als eine der
rührendsten Lösungen des alten Motivs hingewiesen (Abb. 32). Das
oben erwähnte Trientiner Bischofsgrab (Abb. 33) bildet auch hier eine
Station der Wanderung des Totentypus nach Siidtirol, wo wir ihm
noch mehrfach an Steinen des XIV. Jahrhunderts im Brixener Kreuzgang
begegnen. Die besterhaltenen Beispiele dort sind die Steine der Kanoniker
Jakobus Munich, gestorben 1367 (Abb. 34), und Leonhard Zinzinger,
gestorben 1400. Des letzteren Stein wurde schon zu Lebzeiten, nach 1380,
gefertigt. Im Bereiche der Chiemgauer und Salzburger Plastik ist der Toten-
typus fast völlig ungewohntf" Einzig der Meister des Kastenmayr-Steines
greift ihn auf und mit ihm verschwindet er denn auch wieder aus der
spätmittelalterlichen Sepulkralbildnerei des Inn- und Salzachtales und
damit auch Straubings, um nur da und dort ganz vereinzelt wieder
aufzutauchen. Am überzeugendsten hat der Meister uns den Vorwurf in
seinem Kastenmayr geschildert, in der ruhigen, schlichten Aufbahrung
des Verstorbenen mit den über dem Leib gefalteten Händen - man könnte
" Eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Werken und den eigentlichen Tumben nimmt die Tumba
der Rantinger in der Vorhalle von Oberrniinster in Regensburg - errichtet um r4m - ein. insofern als der
Unterbau noch kräftig hervorragt und an dem freien Seitenteil mit Wappen geziert ist. An Stelle der Figur aber
zeigt die Scbrägplatte im Mittelfeld ein Relief der Auferstehung Christi, in den Nebenfeldern zwei kleine kniende
Figilrcben. Das Motiv der Scheintumba hielt auch noch der Stein des Wolf Breu und der Barbara Zeller in der
Stiftskirche St. Jakob in Straubing fest. indem er ohne Unterbau schräg in die Wand eingelassen ist. Ähnlich
wurde auch der Stein des Propstes Udalricus Bemauer, gestorben M95, in der Stiftskirche in Berchtesgaden
versetzt. Die ursprüngliche Querstellung an der Wand - ob mit oder ohne Unterbau, bleibt fraglich - hatten
auch der Grabstein der Bischöfe Friedrich Erkinger, gestorben 1396, Ulrich 1., gestorben x41 7, Berthold, gestorben
1427, Ulrich IL, gestorben 1437, in Brixen und der Grabstein des Abtes Simon Farcber, gestorben 14m, in Seeon.
Dafür spricht, daß die Inscbriften dieser Steine nur an den Längsseiten eingemeißelt sind, auf diesen beide Male
von oben beginnen und also nach ein und derselben Seite hin fußen.
" Leo Planiscig, Studien zur Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert in den
„Monatsheften für Kunstwissenschah", VI (rgr3), S. 403.
m" Im Vergleich zu den Werken des Kastenmayr lassen sich die beiden Oberaltaicber Steine, der des
Abtes Petrus Ursenbeck und des Johannes Vogel, nicht als eigentliche Totentypen, sondern höchstens als Vor-
läufer und Übergänge bezeichnen.