327
fast an eine deutsche Übersetzung aus dem Italienischen denken. Und
noch einmal behandelt er dasselbe Motiv, ganz im Sinne einer italienischen
Aufbahrung mit den gekreuzten Händen, im Bildnis der Agnes Bernauerf
während er in seinen drei andern Werken wohl auch den Totentypus
wählt, aber ihn mehr einer deutschen Auffassung anpaßt.
Dürfen, ja müssen wir nicht
im Hinblick auf diese in einer
und nur in dieser einzigen Künst-
lerindividualität sich konzentrie-
renden, ungewohnten Neu- und
Eigenheiten annehmen, daß der
Meister hierin im Banne des
Südens stand? Zum mindesten
müßte man mit Beziehungen zu
Brixen oder mit dessen Vermitt-
lung, die auch schon bei Hans
Heider sich ergaben, rechnen.
Bei dem ziemlich untergeordneten
künstlerischen Wert der zufällig
erhaltenen Brixener Ableger nei-
ge ich jedoch noch mehr der
Anschauung zu, daß er auch die
Sepulkralkunst Paduas oder Vero-
nas aus eigener Anschauung ge-
kannt hat. Bildnisse wie das des
Bamaba Morani in Verona oder
des Jacopo da Carrara oder vor
allem des Enrico Scrovegno in
Padua mußten mit ihren faszinie-
renden Charakteren und mit dem
feierlichen Ernst ihrer Auf bahrung
auf ihn, den Gleichstrebenden,
einen so überraschenden und tief-
greifenden Eindruck machen wie
kein Werk seiner heimischen
Schule. Nirgends konnte ihm aber
auch der Norden etwas Ähnliches
Abb. 43. Grabstein des Wolf Breu und der Barbara Zeller
in der SLJakobs-Pfarrkirche zu Straubing
bieten. So lange sich also für die Möglichkeit einer Beziehung zu den Nieder-
landen nicht zwingendere Beweise ergeben, als sie durch die rein politischen
der Personalunion Straubing-Holland sich nur vermuten lassen, liegt die
Annahme südlicher, wenn auch nur vorübergehender Kräfte erheblich näher.
" Ein ganz vereinzeltes Beispiel der Nachahmung dieses Typus, zu der offenbar die Straubinger Werke
die Anregung gaben, bietet der Grabstein des 1438 versrorbenen Abtes Johannes Glertner in Oberaltaich, der
sich jedoch in keiner Weise mit jenen messen kann.