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Internationale Sammler-Zeitung.
wenigen von diesen belehrten Bäuerinnen geübt — zu
verdrängen.
Auf diese Wiederbelebung der Kunststickerei folgte
eine gründliche Verbesserung der Herstellung der
Kretonnegewebe. Im achtzehnten und sogar schon im
siebzehnten Jahrhundert waren die englischen Fabrikate
dieser Art wegen der Schönheit der Entwürfe und deren
Ausführung 'berühmt gewesen. In jenen Zeiten wurde die
Kretonneweberei hauptsächlich in Merton Abbey geübt,
wo das wegen seiner Reinheit und seiner besonderen
chemischen Zusammensetzung wohlbekannte Wasser
des Flusses Wandle für die Spülung und Reinigung von
bedruckten Geweben aus Seide, Leinwand und Baum
wolle besonders vorteilhaft sein soll. Dieser Umstand
war es auch, der Morris veranlaßte, nach Merton Abbey
zu iibersierieln.
Gerade die feinste und edelste textile Kunst war aber
noch von der allgemeinen Renaissance unberührt ge
blieben - die G o b e 1 i n w e b e r e i. Dieses Kunsthand
werk war unter den Stuarts in hoher Blüte gestanden,
aber dann in Vergessenheit geraten, so daß Morris keinen
Lehrer finden konnte, bei dem er diese Technik hätte er
lernen können. Wohl würde er in Frankreich einen
solchen gefunden haben, aber es widerstrebte ihm, auch
nur den Mechanismus eines Werkzeuges von einer
Nation zu erlernen, die, wie er sich austdrückte, »die
Gobelinweberei aus einer edlen und erhabenen Kunst in
eine gewöhnliche Tapeziererarbeit umgewandelt hatte«.
Denn auch in Frankreich hatte ein vollkommener Verfall
dieses Kunstzweiges stattgefunden, und die damalige
Gobelinweberei bot nach Morris Aussage »einen melan
cholischen Anblick«. Auch hier ermöglichte ihm seine be
sondere Begabung für das Handwerk, die ihm ebenso an
geboren war wie seine Künstlerschaft, sein Dichter- und
sein Schriftstellertum, eine glänzende Ausführung seines
Versuches. Aus alten französischen Büchern erlernte er
vorerst die Theorie der Gobelinweberei, dann fand er
nach langem Suchen einen alten Gobelinwebstuhl, den er
käuflich erwarb und in seinem Schlafzimmer aufstellen
ließ. Jeden Morgen stand er um zwei Stunden früher als
gewöhnlich auf, um seine übrigen Arbeiten nicht unter
brechen zu müssen, und übte und manipulierte so lange,
bis er die Kunst der Gobelinweberei vollkommen erlernt
und bemeistert hatte. Es beweist unter anderem, wie viel
seitig dieser Mann war, daß er beim Geräusch des hin-
und hersausenden Weberschiffchens Gedichte verfassen
konnte. Auf diese Weise entstanden viele größe Gobelins,
für die er und B urne-Jones die Entwürfe zeichneten.
Die Namen William Morris und Burne-Jones sind mit
der Wiederbelebung der Gobelin web er ei ebenso unzer
trennlich verknüpft wie mit der modernen Glasmalerei.
Der letzte von Burne-Jones entworfene große Gobelin
war die Ausführung eines Motivs aus der altfranzösischen
Dichtung: Der Roman der Rose, betitelt »Die vorüber
ziehende Venus«. Leider wurde dieses herrliche Werk in
dem Feuer, das die britische Sektion der Brüsseler Aus
stellung im Sommer 1910 verheerte, gänzlich zerstört.
Nachdem Morris eine Reihe wundervoller Gobelins
gewebt hatte, lehrte er diese Kunst einige junge
Mädchen, die er sodann beschäftigte, und so gründete er
die erste Schule für Handweberei.
Er selbst aber wandte sich im rastlosen Arbeitseifer
wiederum einem neuen Gebiete zu, diesmal dem des
Buchschmuckes. Er nahm das Studium alter Hand
schriften, das er schon in seiner Knabenzeit auf der alter
tümlichen Bibliothek der Schule zu Marlborough mit Vor
liebe und großem Verständnis betrieben hatte, wieder auf
und beschäftigte sich selbst mit künstlerischer Hand
schriften- und Buehstabenmalcrei. Sodann wandte er
sich der Handdruckcrci zu. Die Druckpresse in Kelm-
scott, die er aufstellte, wird in der Geschichte der
Druckerei fortleben. Sie führte fünfzig Werke aus, deren
letztes der berühmte »ühaucer« war, zu dem Morris die
Blattränder und Burne-Jones die Initialien zeichnete, und
zu dem überdies Morris die meisten Klischees selbst ge
schnitten hatte.
Dies sollte sein letztes Werk sein. Mitten aus einem
erfolgreichen, unermüdlichen Arbeitsleben raffte ihn der
Tod am 3. Oktober 1896, in seinem 62. Lebensjahre plötz
lich hinweg.
Vom Jahre 1876 bis zu seinem Tode war er Prüfer
im Kunstdepartement des South-Kensington-Museums
gewesen, wo er ganze Berge von Zeichnungen prüfte.
Ihm und Walter Crane ist die Reform des Zeichen
unterrichtes in England zu danken, die später auch
in den Ländern des Kontinentes durchdrang. Außerdem
war Morris Gründer der »Gesellschaft zum Schutze und
zur Erhaltung alter Baudenkmäler« und der »Gesellschaft
für Kunst und Kunsthand werk«.
Die ersten Weizinger-Auktionen.
Die Kunstfirma Dr. F. X. W eiziiiger & Co. in M ii n-
c h e n tritt in den letzten Tagen des Mai mit drei Auktionen
auf den Markt, die ebenso für deren Findigkeit sprechen, wie sie
ein Beweis des guten Geschmackes sind, der die Firma bei der
Wahl der Sammlungen geleitet hat.
Den Anfang macht die Versteigerung der Sammlungen der
Viscounts Strathallan auf Strathallan Castle (Pert-
shire, Schottland), die sich durch die reiche Menge von Tafel
porzellanen, das vollständige Silberservice und durch das Vor
handensein zweier künstlerisch und technisch gleich hervor
ragender Prunkkabinette auszeichnen.
Die Tafelservice gehören hauptsächlich englischen Fa
briken an und sind durchwegs in ostasiatischem Dekor gehalten.
Während die einen blaue Blumenmuster und chinesische Land
schaften zeigen, prangt das sogenannte Goldservice, das wahr
scheinlich nur zu Prunkzwecken verwendet wurde, in malerisch
und zeichnerisch fein ausgeführtem figürlichem, landschaftlichem
und Arabeskenschmuck. Gold bildet dazu aen Grundton, was dem
Ganzen einen äußerst vornehmen und dekorativen Charakter
verleiht. Die französischen Fabriken sind durch Sevres, Paris
und einige kleinere Orte mit schön dekorierten Geschirren ver
treten. Kleinere Serien steuerten Wedgwood und Meißen bei,
die sich vor allem durch hübsche Formen bemerkbar machen.
Das Schwergewicht der Kollektion dürfte in dem silbernen
englischen Tafel- und Prunkservice liegen. Bei dem großen Um
fang und dem soliden Material übt es einen überwältigenden
Eindruck aus. Von Einzelstücken sind die beiden großen, reich
ornamentierten Prunkschüsseln und der silbervergoldete, ge
deckelte Prunkpokal (Fig. 1) hervorzuheben, die beide Meister
werke der Londoner Goldschmiedskunst darstellen.
Von den Möbeln, die die Einrichtung von Strathallan Castle
bildeten, kommen nur zwei Stücke zur Versteigerung; diese sind
allerdings derart, daß sie zu dem Besten gerechnet werden
müssen, was seit langem an Kunstmöbeln auf den Markt kam.