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DIE DRITTE AUSSTELLUNG DER DARM-
STADTER KUNSTLERKOLONIE 50' VON PAUL
F. SCHMIDT-OFFENBACH A. M. S0-
rg-K g S ist die besondere Art der Darmstädter Ausstel-
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lungen auf der Mathildenhöhe, daß sie sichtbare
Spuren für spätere Zeit in Gestalt von Architek-
turen hinterlassen, die zum dauernden Gebrauch
bestimmt sind, und daß man an diesen ihren ein-
zelnen „Sedimenten" die Geschichte der Mathilden-
, höhe wird ablesen können. Ursprünglich ein Park
111g) voll herrlicher Baumgruppen am hügeligen Ost-
zlgäf rande der Stadt, sind in der weltbekannten ersten
Kunstschau, dem „Dokument deutscher Kunst" von
1901, die Einfamilienhäuser für die ersten sieben Künstler der Kolonie von
Olbrich und Behrens sowie das Ateliergebäude von Olbrich, der bronzene
Jüngling von I-Iabich und ähnliche kleinere Dinge als Niederschlag in den
grünen Laubmassen geblieben, und weitere Einzelhäuser sind ihnen gefolgt.
Auch 1908 hat Olbrich den Löwenanteil an der dauernden Bebauung davon-
getragen : das städtischeAusstellungsgebäude als Bekrönungdes ganzenHügels,
auf Terrassen, und neben ihm der Hochzeitsturm, der das Wahrzeichen Darm-
stadts geworden ist und weithin seinen seltsamen Umriß sehen läßt. Und
nun kommt die dritte Ausstellung der Kolonie, findet eine ganz andere
Künstlergesellschaft vor und hat auch ihrerseits Bedeutsames und Neues an
Bleibendem dem Alten hinzuzufügen. Es sind das vor allem die hohen
Reihenhäuser von Albin Müller und die Monumentalskulpturen im Platanen-
hain von Bernhard Hoetger; daneben der große Brunnen am Eingang von
Müller und Hoetger und einige kleinere Dinge, wie die Mosaiken am Hoch-
zeitsturm von F. W. Kleukens.
Dieses sind die Dinge, um welche sich die Ausstellung von 1914 herum
kristallisiert. Sie gibt ausschließlicher als die von 1908 das ursprüngliche
Programm wieder, erteilt jedem der zehn Bewohner der Kolonie gewisse,
ihm gemäße Aufträge und hält sich jede eigentliche Bilderschau fern. Auch
die Bildner und Maler fügen sich in das Zusammenspiel der Kräfte ein, ihre
Werke schmücken die Inne'nräume oder Gartenanlagen, und die Gewerbler
wie Wende und Kleukens, und was sonst an Kunstdingen überschüssig ist,
zeigen sich in Atelierausstellungen, in einem richtigen Atelierbau der Müller-
schen Zinshäuser. Das Feldgeschrei heißt mehr denn je Raumkunst, und die
tektonischen Künste führen das Wort. Dabei hat die allgemein leitende
Rolle, welche früher Olbrich zukam, jetzt Albin Müller übernommen, auf
den schon rein flächenmäßig genommen der Hauptanteil fällt, und auf dessen
Plan die Gesamtanlage und vieles von dem Ausgeführten zurückgeht.
Vor allem sind es die Reihenhäuser, die als umfänglichstes Architektur-
stück und Erweiterung des Bebauungsplanes der Mathildenhöhe ins Ge-