glühenden Steinen auf der milchigen Haut und dern gleich Goldspiralen gedrehten Haar-
gelock zur Seite der Wangen. Lottos Frauenterzett (Galerie W. von Stumm) spielt mit
der Üppig-Reifen, der Herben-Strengen, der Kindhaft-Unbewußten ein Konzert der Tem-
peramente. Tizians Doge Barberigo _ Leopold Koppel gehörig - blickt voll vergeistigter
Hoheit. Sein schmales fleischloses pergamentnes Antlitz unter dem juwelenleuchtenden
Reif hat etwas Sakrales, an byzantinische Heiligenbilder Gemahnendes. An Leo XIII.
erinnert dieser entrückte Greisenkopf. Und wie sich zu Leos Erscheinung die derbe Erden-
schwere seines Nachfolgers verhält i der Bildhauer St. Lerche hat beide gleich zwingend
gestaltet - so verhält sich zu dem Dogen Tizians der Doge Cornaro des Rubens - aus
gleichem Besitz: schwarzbärtig, stiernackig, tete carre, voll handfester Lebenskraft.
Noch ein Italiener ist zu nennen, ehe man von Rubens zu den andem Niederländern
geht: der Lombarde Bernardino de Conti. Sein männliches Bildnis aus der Sammlung des
Rittergutsbesitzers Artur Schnitzler hat etwas Borgiahaftes: ein schmales grausames
bleiches Stilettgesicht mit schwarzer Mähne, in Purpur mit Pelz; ein grüner Stein blinkt am
düsteren Barett. Und seltsam, fast wie eine Galeerenfessel, wirkt die schwergliedrige
lastende Halskette, an der die Finger spielen.
Die Niederländer: Memlings Frauenerscheinung, die an Johannesspital-Stimmung
denken läßt, wächsern wie aus Krankenbettkissen in weißer klösterlicher Haube; dagegen
die stattlichen Weibsgestalten des Frans Hals, media in vita, behäglich, besitzesfroh, fest-
gegriindet, gute gastliche Wirtinnen wohlbestallter Bürgerhäuser an lindenbestandener
Gracht in Haarlem oder Amsterdam. Gleich einer Fregatte in schwarz starrendem Staats-
kleid und steifer Mühlsteinkrause segelt Katharina Roosterrnann gebome Brugmann daher,
und gemütlicher mit einem runden wohlwollenden Farniliengesicht sitzt in weißer Haube
und Halskragen Maria Vernatti in ihrem Stuhl. Die eine hängt bei Markus Kappel, die
andere bei Carl von Hollitscher.
Einen strotzend lebendigen van Dyck kann Leopold Koppel zeigen, den Mann mit
dem säuerlichen Gesicht (als habe er in einen unreifen Apfel gebissen), fuchsigem Blond-
schopf, ebensolchen Bartborsten um den mißmäuligen Mund, und geschützten wäßrigen
Schweinsaugen. Und nun kommt der Größte von ihnen mit dem Zug seiner Menschen-
gestalten: Rembrandt. Berlins Galerien können stolz auf ihren Bestand aus dem Reich
dieses Einzigen sein. In der engeren Lese dieser Ausstellung findet man die wechselvollsten
Manifestationen: die Existenzfulle auf blutvoller Höhe des Seins in dem jungen Manne
unter breitkrempigem Hutschatten, der wohl wie Rembrandt selbst in frohgemuter Zeit
„Freude hat an seiner Frau und Hunden, wie noch keiner in Elysium gefunden" und im
Stengelglas eine Welt sieht; die Reife des Vollbärtigen, paschahaft in der turbanartigen
Kopfbinde, für den die Zeit kam, „wo wir in Ruh' was Gutes schmausen mögen". Nach
dem Animalischen das vom Denken ausgehöhlte gelbe Spaniolen-Haupt des jüdischen
Philosophen in gesenkter Melancholia und das eigene letzte Selbstbildnis aus dem Jahre
166g, eine zerstörte „Kreatur Gottes", die nun alles erfahren und deren brüchige Form zur
Auflösung bereit ist.
Schön spricht von diesem Bildnis der feine Empfinder und Ausdeuter der Erschei-.
nungen Emil Ludwig in seinem Essaybuch „Der Künstler" (Berlin, S. Fischer): „Achtsam
setzt er die alte Mütze auf, und auf dem Antlitz sieht er mehr Bleichheit als Falten. Mund
und Augen liegen tief. Fest verschlossen wie nur in der frühesten Jugend bleiben die
Lippen. Einst verschwiegen sie, was sie erwartet, nun, was sie erlebt. Aber die Hände,
die dies schufen, sind nicht mehr zu sehen."
Doch auch die Traurigkeit der frühen Jahre hat Rembrandt gemalt in dem merk-
würdig altgesichtigen bimenförmigen Knabenkopf, Mischung aus dem Typ eines müden
Infanten und dem späten Sproß jüdischer Inzucht. Dies nachdenkliche Porträt sowie der
„Pascha" sind Herrn W. von Pannwitz' Eigentum, die andern Markus Kappels.