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Full text: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 6 und 7)

Der Salon enthält diesmal eine auffallend große Anzahl von sehr guten Männerporträten, 
während die Damenwelt auf diesem Gebiete ziemlich schwach vertreten ist. Das Beste in 
dieser Art ist das Bild des Admirals Germinet von Lucien Jonas, dann ein nach allen 
Regeln englischer Eleganz gestrichener junger Mann: Mr. Ch. Drouilly, von jules Grün. 
Die beiden Herren von Etcheverry sind etwas zu erdig in der Farbe, trotzdem aber recht 
gelungene Porträte. 
Die Künstler Benner, Davant, Dechenaud sind mit sehr guten Leistungen vertreten, 
ebenso der Engländer Lander, dessen Porträt des General Chas Douglas alle Achtung 
verdient. 
Unter den hübschen Genrebildern ist die grün- und rotgestreifte Krinolinendame von 
Suzanne Hurel als ein anmutiges Farbenstück zu bemerken, ebenso die witzige Phantasie 
„La Coiffure interrompue" von Gabriel Domergue. Eine alte Dame in weißer Spitzen- 
rnantille von Glatter ist malerisch effektvoll. Das „Orakel" von Raphael Kirchner ist in der 
Ausführung etwas altmodisch, dürfte jedoch von vielen günstig beurteilt werden; es ist 
ein sauberes Stück Arbeit, wenn auch weniger geistreich wie die lustigen Figürchen, denen 
dieser Künstler seine besten Erfolge verdankt. 
Die beiden Freilichtszenen von Andre Brouillet „Le Goüter" und „Retour des 
Champs" wirken sympathisch und erfrischend. Ulisse Caputo, ein junger italienischer 
Maler, entwickelt sehr viel Talent in seinem Bild „Sinfonie", welches stimmungsvoll 
gruppierte Gestalten zeigt. Eine hübsche Frauenfigur in Grün im „Intermezzo" von Viktor 
Krausz macht sich angenehm bemerkbar. 
Die ehrwürdigen Berühmtheiten, wie zum Beispiel Leon Bonnat und Gabriel Ferrier, 
darf man doch nicht ganz stillschweigend übergehen. Ersterer ist mit zwei Porträten 
vertreten, welche wir diesen Winter bereits im „Epätant" gesehen haben. Letzterer 
bereitete uns diesmal eine Überraschung: Man glaubt es kaum, daß das lebensgroße Reiter- 
bild eines südamerikanischen Generals, welches Hott und schwungvoll behandelt ist, aus 
demselben Atelier stammt wie das süßliche Porträt der Madame de Castro mit ihren vier 
Kindern. Gabriel Ferrier ist in diesem Bild seiner alten porzellanähnlichen Manier treu 
geblieben. 
Georges Scott hat bei seinem Aufenthalt in den Balkanländern offenbar reichlichen 
Stoff gesammelt, da wir hier wieder zwei neue Bilder, Episoden aus dem bulgarisch-türki- 
schen Krieg, sehen: ein nächtlicher Transport von türkischen Leichen drückt die Schatten- 
seiten eines Feldzuges in tragischer Weise aus. 
Intime kleine Bilder sowie Miniaturen und Gravüren können ini Salon unmöglich zur 
Geltung kommen. Die Künstler machen sich hierüber auch keine Illusionen; ich hörte von 
einigen die philosophische Bemerkung, daß die Hauptsache, ihren Namen im Katalog zu 
haben, ihnen als eine genügende Befriedigung erscheint. 
Als Landschaftsmaler muß man schon etwas Besonderes leisten, zum mindesten in 
räumlicher Bedeutung, um einige Aufmerksamkeit zu erzielen. Das Kontingent an Land- 
schaften ist auch heuer verhältnismäßig weniger zahlreich als früher, insofern es sich um 
Ölbilder handelt. Zeichnungen, Pastellbilder und Aquarelle sind in eine besondere Abteilung 
verlegt. 
Zu den bemerkenswerten Landschaften gehört das große sonnige Bild im Hauptsaal 
„Rochers de YEstereI", eine Fischerbarke am Felsenufer von Zigliara; dann entzückende 
lichtdurchüutete Blicke in die Provence von Mademoiselle Latitte. Schließlich die charakte- 
ristisch stilisierten Bergseen aus dem Dauphine von Communal. Nozal ist seiner ewigen 
Herbststimrnung untreu geworden und bringt durch eine Schneelandschaft etwas 
Abwechslung in seine Kunst. Zu Träumen nach unbekannten märchenhahen Gegenden 
wird man durch die Fabellandschaß, offenbar aus Indien, „Aux Pays des Reves', von 
Tkatchenko angeregt. 
Die Abteilung für Skulpturen ist die umfangreichste, sie umfaßt über xooo Nummern, 
wobei die Medaillen nicht mitgezählt sind. Ich möchte diese Abteilung nicht flüchtig
	        
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