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Nr. 15 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 163 
haben manche Stunde still über diesen kleinen 
Bildern gesessen und in dieser Zeit jedenfalls nichts 
Schlimmes gedacht und getan. So werden viele Kna 
ben und Mädchen durch Sammeleifer stark in An 
spruch genommen und spielend den Wissenschaften 
und Künsten nahegebracht. 
Jetzt sammeln und brocken meine Knaben Blu 
men für ihr Herbarium, Dadurch wird wieder ihr 
Beobachtungssinn und ihre Ordnungsliebe stark an 
geregt. Sie lernen dabei auf Dinge achten, an denen 
andere völlig gleichgültig vorübergehen und geben 
ihrer Naturfreude durch stets neue Exemplare ihrer 
Sammlung eine wirksame Gedächtnisstütze. Sehen 
sie nach Jahren diese Blumen wieder, dann stellen 
sich in der Erinnerung gleich alle die frohen Stunden 
wieder ein, in denen sie auf den Bergen der Steier 
mark die Blumen pflückten. Sie schaffen sich aus 
eigener Kraft einen Besitz, der ihr eigenes Leben 
bereichert und mit dem sie auch anderen Menschen 
Freude und Ruhm stiften können. Das Sammeln, 
Pflegen, Pressen, Einordnen und Aufspannen der 
Pflanzen erfordert auch Fleiß und Geduld und führt 
zu einer wertvollen Kennerschaft. 
Ich möchte allgemein behaupten: Sammler sind 
Menschen von ruhiger und behaglicher Gemütsart. 
Ich habe jedenfalls zu ihnen unwillkürlich ein stilles 
Vertrauen, ebenso wie zu Vogelzüchtern und auch 
zu Gärtnern. Wer sammelt, der hat den Trieb zu 
erhalten, zu pflegen, zu ordnen. Ich glaube nicht, daß 
ein Wüstling, Sauf- oder Raufbold Sammler sein 
könnte. Daher meine Ueberzeugung: Wo man sam 
melt, laß dich ruhig nieder!" 
Die Sommerauktionen in Cuzern. 
Wir haben in der vorigen Nummer von den zwei 
Sommerauktionen berichtet, die die Galerie F i - 
scher in Luzern vom 18. bis 20. August und 
am 5, September veranstaltet. Zwischen diese beiden 
Auktionen wird, u, zw. am 1. September, die Ber 
liner Privatsammlung Heß eingeschaltet, die den 
beiden besprochenen an Bedeutung nicht nachsteht. 
Die Sammlung Heß, die von der Galerie Fischer 
gemeinsam mit Paul Cassirer (Berlin) aufgelöst 
wird, besteht in der Hauptsache aus Gemälden alter 
und moderner Meister. Nennen wir zuerst billig die 
alten Meister, so müssen wir mit der Madonna von 
Rogier van der Weyden beginnen, die nach der 
Ansicht M. J, Friedländers zu den drei Madonnen 
bildern gehört, die als Originale anzusprechen sind. 
Die beiden anderen Bilder befinden sich in den 
Sammlungen M a n c e 1 (Caen) und Huntington 
(New York). Friedländer erklärt die jetzt unter den 
Hammer kommende Madonna als »zarter« und auch 
als für später, als die der Sammlung Huntington. 
Die anderen alten Meister fallen in die Barock 
zeit. Da sind von Tintoretto das Bildnis eines 
schwarzgekleideten jungen Mannes und zwei kleine 
Bilder mit Darstellungen aus der Legende des heil. 
Kreuzes, G r e c o erscheint mit zwei hervorragen 
den Arbeiten. Die eine zeigt den hl. Franziskus in 
Meditation, die andere Jesus beim Gastmahl im 
Hause des Simeon in Bethanien, Von van Dyck ist 
ein betender Jüngling da, eine Arbeit, die nach Bode 
als Studie zu dem Gemälde »Christus, die Kinder 
segnend« anzusehen ist, die in der Sammlung des 
Herzogs von Marlborough prangt. Von Rubens 
stammen ein männliches Brustbild, eine Allegorie 
der Inspiration und zwei Skizzen: »Herkules und der 
Löwe« und »Jagd der Diana«. Unter den Zeichnun 
gen wäre eine Federskizze von Rembrandt her 
vorzuheben, die einen Orientalen zu Roß zeigt. 
Unter den modernen Meistern, die einst die 
Grundlage der ganzen Sammlung bildeten, glänzen 
besonders die Franzosen. Von Daumier scheinen 
zwei Arbeiten auf, die schon auf der Berliner Dau- 
mier-Ausstellung viel bewundert wurden: »Die Bett 
ler« und die »Zwei Putten«, Degas ist mit einem 
Tänzerinnen-Pastell, T oulouse-Lautrec mit 
dem anmutigen Bild »Beim Frisieren« vertreten. 
Ihnen reihen sich Paul C e z a n n e mit einem Stil 
leben, Renoir mit einem Mädchenporträt, einer 
Landschaft und einem Stilleben (Melonen) und 
G. B r a q u e mit einem Stilleben in kubistischer 
Manier an. 
Außer den Franzosen begegnen wir in dieser 
Abteilung Edward Munch mit wirkungsvollen 
Szenenbildern aus Ibsens »Gespenstern«, Oskar 
Kokoschka mit einem seiner besten Selbstbild 
nisse (aus dem Jahre 1912) u, a, 
Ueberaus reichhaltig ist die Sammlung auch an 
Plastiken. Auch hier dominieren die Franzosen: 
Daumier, Degas, Renoir, vor allem aber A, M a, i 1- 
1 o 1, dessen herrlicher Torso (L'action en chainnee«) 
gewiß heiße Kämpfe auslösen wird. Den Franzosen 
ebenbürtig erweisen sich die. Deutschen: Barlach, 
Gaul, Sintenis, Von Barlach sind neun 
Holzskulpturen da, die aus Ausstellungen rühmlich 
bekannt sind, so Die Hexe, Alte Frau mit Rock, 
Hunger, Barmherzigkeit, Frau mit unterschlagenen 
Armen etc., Gaul brilliert mit Figuren aus seiner 
Menagerie: Löwen, Schafen, Eseln, Widdern,: Ele 
fanten, Sintenis mit Fußballspielern, aber auch 
mit Tieren, in denen er große Meisterschaft besitzt. 
Den Beschluß machen Kopfstückarbeiten von 
H. Haller und Bronzen von Ernesto de F i o r i 
und . Georg Kolbe. 
Seltene Jlutographen. 
Maggs Bros in London versendet ein Ver 
zeichnis seiner Autographen - Bestände, das eine 
Fülle seltener Autographen aufweist. 
Ungemüin interessant ist ein die Unterströmun 
gen der abendländischen Politik im Zeitalter Karls V. 
beleuchtendes Schreiben Franz I. von Frankreich 
an den Landgrafen Philipp von Hessen vom 
14. Oktober 1532. Den Tod der Queen Anne (1714) 
behandelt ein vertraulicher Bericht des Lord B o- 
1 i ng b r o k e an den früheren Kronprätendenten, Von 
außerordentlicher Seltenheit sind sodann zwei Pri 
vatbriefe von Oliver C r o m w e 11 an Richard 
Major und Georges Washingtons an Major 
Harrison. Erwähnt sei weiters ein Schreiben 
Wallen steins mit der sehr seltenen eigen 
händigen Unterschrift. 
Von Bedeutung für den Historiker ist ein Brief 
Wellingtons an den kommissarischen General 
in Spanien-Portugal, John Murray, mit Befehl des 
Truppentransports nach Portugal vom 27. August 
1809. Den Brief begleiten zwei Dokumente, in denen 
Murray eine Anweisung auf 118.000 Pfund Sterling 
für den Unterhalt der Truppen erhält, 
Eine Reihe bemerkenswerter Briefe liegt aus der 
Zeit der Französischen Revolution und dem ersten 
Kaiserreich vor. U. a. erklärt der alte Mirabeau
	        
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