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läufer des Kefermarkter Altars, dem Altar Michael Pachers in St. Wolfgang,
die Rede sein. Man studiere nur und vertiefe sich in die Tafeln bei Friedrich
Wolff oder Julius Leischingf um zu erkennen, welche Steigerung manueller,
technischer Fertigkeit gegenüber dem Kefermarkter Altar hier aufgewendet
ist. Als weitere Beispiele greife ich ferner noch heraus Hans Schnatterbecks
Altar in Nieder-Lana von 1503 bis 1508 und den Altar in Heiligenblut von
Wolfgang Aßlinger von 1520," deren echt alpenländischer Schnitzfertigkeit
gegenüber alle Werke Stoff und Riemenschneiders in den Schatten treten.
Ja gerade Riemenschneider mutet angesichts solch souveräner Beherrschung
der Technik, wie sie sich nun ähnlich auch im Altar von Kefermarkt enthüllt,
fast trocken und nüchtern an.
Die von Ubell am Kefermarkter Altar gerühmte technische Virtuosität
lenkt den Blick außer auf die Figuren auch auf das durchbrochen geschnitzte,
Filigranartige Rahmen- und Rankenwerk, das den Schrein und die Flügel-
reliefs umzieht. Auch dieses ist eine echt alpenländische namentlich für
Michael Pacher und seine Gruppe bezeichnende Eigenheit, für die es genügt,
auf die Altäre in der Franziskanerkirche in Bozen, in Pinzon, Lana, Villnöß,
Vigo di Fassa, Hallstatt und auf das glänzendste in diesem Zusammenhang
immer und immer wiederkehrende Beispiel, auf Meister Michaels Wolfgangs-
altar hinzuweisen. Nirgends sonst, am allerwenigsten aber in Franken
und bei Riemenschneider, findet man dieses ebenso reiche wie geschmack-
volle Motiv, kaum daß man dort die Rankenbaldachine auf schwache
Säulchen gestellt sieht. Sind ja bei dem fränkischen Altar die Zierglieder
überhaupt viel dünner, dürftiger und spärlicher als bei den alpenländischen
Altären.
So bleibt meines Erachtens auch nicht ein einziges Argument bestehen,
das Ubells Zuschreibung des Kefermarkter Altars an Riemenschneider und
die Datierung für die Jahre von 1505 bis 1510 rechtfertigen könnte. Forscher
und Kenner, denen ein Urteil in Sachen deutscher Plastik zukommt, werden
gewiß mit mir der Anschauung sein, daß derWorte schon zu viel gewechselt
wurden, und ihrethalben hätte es wohl auch von Anfang an keiner Erwiderung
bedurft. Es galt aber auch die zahlreichen Kunstfreunde und Laien unter
den Lesern dieser Zeitschrift über das Unzutreffende und Unmögliche der
Taufe aufzuklären und damit dieses glänzende Werk, von dem Ubell mit
Recht sagt, daß es sich „unmittelbar neben die Hauptwerke der deutschen
Bildnerei des ausgehenden VX. (l) Jahrhunderts stellt", dem Lande wieder
zurückzugeben, aus dessen Geist und Kunst es erblühte, dem österreichischen
Alpenland."
" Julius Leisching ebenda, II, Tafel Xl und XXX.
""" Wie uns Dr. Ubell mitteilt, sind von zwei Seiten urkundliche Veröffentlichungen liber den Kefermnrkter
Altar zu erwarten, welche voraussichtlich die Erörterung der in Betracht kommenden Hauptfragen auf eine
neue gesicherte Basis stellen werden. Dr. Ubell hält es daher gegenwärtig für verfrüht, seinerseits neuerlich in
eine Diskussion der Probleme des Kefermarkter Altars einzutreten. Die Redaktion von „Kunst und Kunst-
handwerk".