österreichischen Können jenen Platz an der Sonne erkämpfen wollen, welcher ihm gebührt.
Überall dort, wo österreichische Arbeit die Erzeugnisse des uns feindlichen Auslandes an
Güte und Schönheit erreicht und übertrifft - und die Gebiete dieser Leistungsfähigkeit
sind sehr zahlreich - überall dort soll auch energisch für die Verbreitung und Anerkennung
eingetreten werden. Ganz besonders das Wiener Kunstgewerbe ist geeignet, mit treElicher
Arbeit den Weltmarkt zu bereichern.
Es ist hoch an der Zeit, daß die schwächlichen Nachbildungen historischer Formen,
welche die französische Industrie über die ganze Welt verbreitet, zurückgedrängt werden.
Und auch die meisten englischen Arbeiten sind schon lange und gründlich von unseren
eigenen überholt worden. Österreichisches Kunstgewerbe ist vorbildlich und Führend
geworden. Die mutige Selbstverteidigung auf diesen Gebieten ist von größter Wichtigkeit
und eine ernste Pflicht derjenigen, welche nicht mit Pulver und Blei, sondern mit kommer-
ziellen und künstlerischen Waffen am Weltkrieg teilzunehmen haben.
Und gerade weil Österreich eine sehr fortgeschrittene Stellung in diesem Kampf
einnimmt, gerade weil die modernen Arbeiten unsere Unabhängigkeit und Freiheit im
Schaffen so trefflich betonen, gerade darum ist begründete Hoffnung vorhanden, daß die
Zukunft eine Kräftigung und Förderung unserer jüngsten Bestrebungen bringen wird.
Eine sehr wichtige Rolle kommt in diesem Ringen aber dem kaufkrähigen Publikum
zu, das seine alten Schlagworte verlernen muß. Die eingewurzelten Vorurteile, welche es
der ausländischen Provenienz so leicht gemacht haben, mit künstlerisch ganz minder-
wenigen und auch technisch oft nicht besseren Erzeugnissen unsere einheimischen kunst-
gewerblichen Kräfte von hoher Qualität lahmzulegen, diese ungesunden, schädlichen
Vorurteile können nicht scharf genug zurückgewiesen werden; sie sind nun doppelt falsch,
weil sie dem skrupellosen Gegner zugute kommen und unsere Verständnis und Wert-
schätzung entbehrenden heimischen Betriebe schädigen, dem Vaterland nachteilig sind.
Es ist ein Verdienst der Leitung des Österreichischen Werkhundes, daß sie in ihren
Räumen in der Schwangasse in diesem Jahr eine Kollektion guter Arbeiten zur Weihnachts-
zeit vereinigt hat. Nachdem der Standpunkt der Verkäuflichkeit bei Weihnachtsschau-
Stellungen unvermeidlich und in diesem Jahre von besonderer Wichtigkeit für die zurück-
gedrängten künstlerischen Arbeitskräfte sein muß, gibt auch das Gebotene nicht einen
Überblick, sondern nur einen knappen Ausschnitt aus gewissen kleineren Gebieten der
Werkbundarbeit.
Da ist insbesondere das textile Gebiet, die Arbeit im Dienste der Frauenkleidung und
der Ausgestaltung des Möbels gut vertreten; Polster, Decken, Überwürfe, dann Schals,
Kappen, Blusen, Beutel sind es, die einerseits durch farbigen Reiz, andrerseits durch den
ornamentalen Schmuck die Eigenart der entwerfenden und zugleich ausführenden Persön-
lichkeit repräsentieren, der Damen H. Geiringer, H. Jacobsen, M. Händler, E. Zweybrück,
Schüller, der Produktivgenossenschait der Absolventinnen der Kunststickereischulen und
anderer mehrer; Stickerei, Batiktechnik, Flecht- und Netzarbeit, l-Iandweberei wechseln
ab, den Formenschatz zu bereichern, der nirgends ein entlehnter, von alten Vorbildern
direkt abhängiger ist, sondern stets einen besonderen Akzent, eine individuelle Note ver-
körpert. Ähnliche Mannigfaltigkeit herrscht auf dem keramischen Gebiet, das ebenso wie
das textile zu den fruchtbarsten gehört. Die reizvollen Figuren mit guter Polychromie,
Typen aus dem Leben des Alltags und Tiere, die in mannigfaltigster charakteristischer
Bewegung und Silhouette und edler Einfachheit und Freiheit der Formgebung so erfreulich
wirken, sie haben einer ganzen Reihe tüchtiger Kleinplastiker verdiente Anerkennung
gebracht. Die Narnen Powolny, Kirsch, Meyer, Schleiss, Schmidl, Neuwirth, Sitte, Lehmann,
Kablena und andere sind klangvoll und über die Grenzen des Vaterlandes hinaus gut
bekannt und auch hier gut vertreten.
An den feinen Schmuckarbeiten, die vorwiegend von der Firma O. Dietrich ausgestellt
wurden, sind gleichfalls zahlreiche Wiener Künstler beteiligt. Sie haben allmählich eine heil-
same Wandlung in den barbarischen Schmuckbildungen früherer Iahre hervorgebracht. Hier