Hümmer 7
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 9*3
sprochenen. Zunächst streben sie die Harmonie der färben an. Sie
beschränken sich deshalb auf wenige Töne, meist auf zwei, die im
Gegensaß zu den früheren gedämpft erscheinen. Dabei sind die
färben in ihrer gegenseitigen Wirkung sorgfältig abgewogen; es
ist durchaus eine Ausnahme, daß bei einer Decke oom Teilfeld
52, aan der das ITluseum nur die fRedaillons retten konnte, so
kontrastierende färben, wie ein lebhaftes Ratgelb und Blau uer-
bunden wurden; im allgemeinen ist die Beziehung niel enger. Es
entsteht dadurch ein geschlossenes bildmäßiges Ganzes, das im
Gegensaß zu den nach Spätrenaissance-Charakter tragenden älteren
Decken eine ruhige, einheitliche Wirkung zu üben imstande ist. Zu
diesen abgewogenen färben tritt dann in wesentlich verschärfter
Auffassung die ITIodellierung mit Eicht und Schatten, die fortab
den JTlalereien ein so plastisches Gepräge giot, wie es den oor-
beschriebenen Decken noch kaum beschieden war.
Das Zweite, das Hand in Hand mit der koloristischen Ver
einfachung geht, ist die straffere Komposition, die im Gegensaß
zur früheren Vielheit ein klar durchgebildetes und übersichtliches
ITlotiu entwickelt. Das Barock erreicht durch diese Vereinfachung,
die schon an sich dem Charakter einer Deckenmalerei besser an
gepaßt ist, oft genug eine ins Große gehende Wirkung.
Die Hamburger Decken folgen zwei Hauptschemen: das eine
zeigt in der mitte des non den Unterzugsbalken begrenzten feldes
einen Kreis oder ein Oual, die mit fruchtstücken oder landschafts
bildern gefüllt sind, an diese ITliftelfigur schließen sich nach
beiden Seiten frei erfundene, nach oielen Verschnörkelungen in
eine einheitliche Spit3e auslaufende Ornamente ITlenschen- und
Tiergeslalten fehlen meistens, oder wenn sie oorhanden sind,
so treten sie dach selten so stark heroor, wie in den rotgelben
JTledaillons der obenerwähnten Decke oom Teilfeld 32. Dieses
Schema ist am schönsten durch eine blau und braun ornamentierte
Decke aus der Deichstraße 53 oertreten, wo sie ehemals die ganze
l Diele überzog; sie zeigt braune fruchtstücke, an die sich beider
seits prächtig geschwungene langsam zur 5pit3e getriebene blaue
Ornamente anschließen.
Das zweite Schema zeigt im wesentlichen etwa meterhohe
Blattgewinde, die rankenförmig einwärts gerollt sind. In diese
oder in die Zwischenräume zweier Gewinde sind Tiere und die im
17. Jahrhundert so beliebten Putten aufgenommen, die in allerlei
kindlichen Beginnen, im Spiel untereinander und mit den Tieren,
gezeigt werden. Die figuren bilden in diesen zweifarbigen Decken
immer die zweite färbe, der annähernd dieselbe Bedeutung und
Sicherheit wie der ersten gegeben wird. Von den Beispielen dieser
Richtung, die im ITluseum durch Decken aus der Seitenstraße und
aus der Deichstraße 48 sehr gut uertreten sind, sei hier nur die
schönste genannt, die dem ITluseu ji oor kurzem durch ihren Eigen-
tümer Herrn J. Hansen, aus dem Hause Grimm 31 zum hochwill
kommenen Geschenk gemacht wurde. Diese Decke ist, sooiel wir
wissen, die einzige in Hamburg, die bis auf unsere Tage in
offener Verwendung geblieben ist, nur daß sie aus den Zimmern
des Obergeschoßes auf die Diele oerseßf werden mußte. Sie ist
eine blaue Rankendecke mit braunen Kindergestalten, oon denen
zwei den Brudermord Kains an Abel darstellen.
Gemalte Decken, wie die eben geschilderten, scheint es im
späteren 17. Jahrhundert in Hamburg in fülle gegeben zu haben,
denn die Überwachung der Hausabbrüche durch das ITluseum hat
zu der Erkenntnis geführt, daß fast jedes größere Haus jener Zeit
auf diese nicht sehr kostspielige Weise geschmückt war. Im Hause
Deichstraße 48, konnte z. B. oor kurzem beobachtet werden, daß
die ganze zweite Etage des Vorderhauses gemalte Decken besaß.
Um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts schwenkte die ITlode
dann zum Stuck über, nur im bäuerlichen Heben haben sich, wie
so oft, die Ausläufer der älteren Kultur bis auf unsere Tage ge
halten, wofür z B das Altonaer ITluseum mit der gemalten Decke
des Wilstermarsch-Zimmers einen charakteristischen Beleg bietet.
Die Rosenkranztafel des Ueit Stofj.
Von Sofie frank (Mürnberg).
fine besondere Sehenswürdigkeit des weltberühmten
Germanischen Rationalmuseums zu ITürnberg bildet die
Rosenkranztafel, die, Eigentum der Stadt, in den
Sammlungen des genannten Institutes verwahrt wird.
Die aus dem 15. Jahrhundert stammende Holz
skulptur hatte durch verschiedene, im taufe der Jahre vor
genommene Restaurierungen ihr ursprüngliches Aussehen
verloren, was die Stadt llürnberg veranlagte, das kostbare
Dokument der Uleisterschaft ihres großen Sohnes, des Bild
hauers Veit Stofj, einer gründlichen Restaurierung unter
ziehen zu lassen.
Die alte Bemalung, welche die Tafel ehedem schmückte,
jetjt aber unter einer entstellenden Bronzefarbendecke nicht
mehr sichtbar war, wurde freigelegt, verschiedene Schäden,
nach Angabe des nürnberger Stadtbauamtes von fach
männischer Seite behoben.
Ilun erstrahlt wieder in alter Schönheit die herrliche
Tafel, die vier fufj hoch und fünf breit, geradezu in über
reicher fülle kostbare flachreliefs veranschaulicht. Gestalten
aus der biblischen und Heiligengeschichte sind um das
Kreuz gruppiert, das oben von den figuren Gottvaters,
der IJladonna und zwei Engeln bekrönt wird. Dem zier
lich gearbeiteten Rosenkränze, der das HJittelfeld um
rahmt, dankt die Tafel ihre Benennung.
Unterhalb des Rosenkranzes erscheint auf zwei
Regenbogen sitjend die Gestalt Christi, zu dessen Seiten
ITtaria und Johannes knien. Allerlei Darstellungen des
Jüngsten Gerichtes schließen sich dieser Gruppe an. Den
Abschluß der Tafel unten und zu beiden Seiten aber
bilden 23 in feldern vorgeführte Szenen aus dem alten
und neuen Testament, während oben die größeren halben
Gestalten verschiedener Heiligen prangen.
Die vorstehend nach einer vorzüglichen photographi
schen Aufnahme reproduzierte Abbildung (fig. 1) zeigt
die Rosenkranztafel in ihrer jetygen renovierten Gestalt.
fig. 1. Die Rosenkranztafel des Veit Stoß.